Juristin Brosius-Gersdorf berichtet von Drohungen
Aus der Union gibt es massiven Widerstand gegen die Rechtsprofessorin Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin. Die Wahl wird vergangene Woche kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Die Juristin wird im Zuge dessen mit Drohungen konfrontiert - und zieht Konsequenzen für ihre Arbeit am Lehrstuhl in Potsdam.
Die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf, deren Wahl zur Verfassungsrichterin am Freitag wegen eines Streits um ihre politischen Positionen scheiterte, ist nach eigenen Angaben bedroht worden. "Ja, wir haben Drohungen bekommen, ich vor allem, per E-Mail, Poststücke mit verdächtigem Inhalt, die an meinen Lehrstuhl gesendet wurden", sagte Brosius-Gersdorf laut Vorabmeldung in der ZDF-Sendung "Markus Lanz".
Wegen der Drohungen habe sie ihre Mitarbeiter vorsorglich bitten müssen, nicht mehr am Lehrstuhl zu arbeiten, sagte die Juristin, die an der Universität Potsdam einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht innehat. Zugleich wies Brosius-Gersdorf in der ZDF-Sendung erneut die Behauptungen zurück, sie sei linksradikal. "Ich vertrete absolut gemäßigte Positionen aus der Mitte unserer Gesellschaft", sagte sie. Die Debatte um ihre Position halte sie für gefährlich.
Zuvor hatte Brosius-Gersdorf bereits in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt, die Vorwürfe gegen sie seien "diffamierend" und "falsch". Vielmehr zeigten ihre wissenschaftlichen Positionen "ein Bild der demokratischen Mitte". Auch die Berichterstattung über sie kritisierte die Juristin als "unzutreffend und unvollständig, unsachlich und intransparent".
Die 54-Jährige Brosius-Gersdorf steht seit vergangener Woche im Mittelpunkt einer beispiellosen Auseinandersetzung um die Besetzung von Richterposten bei Deutschlands höchstem Gericht. Nachdem die Unionsführung zunächst grünes Licht für ihre Wahl zusammen mit zwei weiteren Bewerbern gegeben hatte, zogen CDU/CSU am Freitag die Notbremse und forderten den Koalitionspartner SPD auf, die Kandidatur von Brosius-Gersdorf zurückzuziehen.
Daraufhin musste im Bundestag die Neubesetzung aller drei Richterposten von der Tagesordnung genommen werden. Der Streit ist eine schwere Belastung für die erst seit Mai amtierende schwarz-rote Regierungskoalition.