Wie tickt die neue Jugendabteilung der Rechtsextremen?
Von Deutschland nach Germania?
Beim Namen könnte es noch mal Diskussionen geben. »Generation Deutschland« soll die neue Jugendorganisation der AfD eigentlich heißen, so wünscht es sich die Mutterpartei. Aber welches Deutschland meinen die? Das gegenwärtige, demokratisch und republikanisch verfasste kann es ja nicht sein. Vielleicht haben sich das auch die Initiatoren jenes Änderungsantrags gedacht, demzufolge der Nachwuchs der Rechtsextremen lieber »Jugend Germania« genannt werden soll.
In der Tat, das wäre stimmig.
Nun denn, die kleine mittelhessische Studentenstadt Gießen erwartet große Unruhe, denn hier will sich die AfD-Jugend heute gründen. Zehntausende wollen dagegen protestieren, der hessische Innenminister spricht von einer »herausfordernden Großlage«, auch weil Gewaltaufrufe aus der linksradikalen Szene kursieren sollen.
Zum Hintergrund: Die frühere Jugendorganisation – genannt »Junge Alternative« – war bereits 2023 vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft worden, die AfD hatte sich von ihr getrennt und auf ihre Auflösung gedrängt – um den Parteinachwuchs künftig besser disziplinieren zu können, wie es hieß. Und weil man ein Verbot fürchtete.
Nun gibt es bald womöglich mehr Disziplin, aber sicher nicht weniger Radikalität. Die neue Gruppe werde »mit ihrem neuen Vorstand sogar noch radikaler, sie wird ein Sammelbecken für Identitäre, Völkische und Burschenschafter sein«, erklären hier meine Kollegen Ann-Katrin Müller, Maik Baumgärtner und Fabian Hillebrand.
Mehr Hintergründe hier: Bundeswehr warnt Soldaten vor möglichen Angriffen
Typ Schwiegersohn, rechtsextreme Subkultur
Der designierte Chef der Junggermanen heißt Jean-Pascal Hohm, 28, und sitzt für die AfD im Brandenburger Landtag. Parteifreunde nennen ihn den »perfekten Schwiegersohn«, berichtet Fabian, der hier über Hohm geschrieben hat: »Seine Aussagen aber sind alles andere als bieder: Deutschland erlebe einen ›Bevölkerungsaustausch‹, Städte würden ›mit Millionen Kulturfremden geflutet‹, Widerstand sei Pflicht. Jugendliche fordert er auf, Kampfsport zu betreiben – für die ›Wehrhaftigkeit‹.«
Der Brandenburger Verfassungsschutz schreibt in einem Gutachten, Hohm nehme »persönlich und privat Anteil an einer rechtsextremen Subkultur«. Die neue Organisation, so nennt es Hohm, soll eine »Kaderschmiede« für die AfD werden.
Quasi ein Nachwuchszentrum für den Rechtsextremismus in Deutschland. Keine guten Nachrichten aus Gießen.
Die ganze Geschichte hier: 28 Jahre alt, Typ Schwiegersohn, Rechtsextremist
Ein Mann namens Schulze
Sachsen-Anhalt galt in den Neunzigerjahren als Politlabor. Die SPD experimentierte dort erstmals mit der PDS und ließ die rot-grüne Minderheitsregierung ab 1994 von der früheren SED tolerieren. Man nannte dies das »Magdeburger Modell«.
Im kommenden Jahr droht dem Land ein neues Experiment, diesmal allerdings eines mit unwägbaren Risiken.
In Umfragen kratzt die AfD an der 40-Prozent-Marke, die CDU als bisherige Regierungspartei mit Deutschlands dienstältestem Ministerpräsidenten Reiner Haseloff liegt abgeschlagen auf dem zweiten Platz, die SPD kann froh sein, wenn sie wieder in den Landtag kommt. Bei diesen Zahlen ist sogar eine absolute Mehrheit der Mandate für die AfD denkbar.
Sachsen-Anhalt, sagt einer aus der SPD, müsse 2026 zum »Schlachtfeld der Demokratie« werden. Im kleinen Land geht es um Großes. Heute müht sich auf einem Parteitag in Magdeburg ein Mann namens Sven Schulze um Bekanntheit (lesen Sie hier mehr über ihn). Schulze ist CDU-Spitzenkandidat und bislang Haseloffs Wirtschaftsminister. Zur Unterstützung reist auch der Kanzler nach Magdeburg. Nur sollte sich Schulze nicht an den gegenwärtigen Beliebtheitswerten von Friedrich Merz orientieren, wenn er Ministerpräsident werden möchte.
Mehr Hintergründe hier: Wahljahr 2026 – Die AfD und ihr Plan vom Durchmarsch an die Macht
Ein Trump-Ultimatum für Maduro?
»Sehr bald« würden die USA auch an Land in Venezuela gegen angebliche Drogenschmuggler vorgehen, so hat es Präsident Donald Trump angekündigt. Details zu vermeintlich geplanten Einsätzen? Fehlanzeige. Das US-Militär hat Kräfte in der Karibik zusammengezogen, unter anderem kreuzt dort der größte Flugzeugträger der Welt (mehr dazu hier ). Zahlreiche angebliche Drogenboote wurden bereits vor Lateinamerikas Küsten aus der Luft zerstört.
In der vergangenen Woche soll Trump mit Venezuelas Diktator Nicolás Maduro telefoniert haben, berichtet jetzt die »New York Times«. Offenbar ging es um ein mögliches Treffen zwischen den beiden in den USA, konkrete Pläne soll es aber nicht geben.
Unser Lateinamerika-Korrespondent Jens Glüsing hält es für offen, ob es zu einer US-Intervention kommt. Zuletzt soll Maduro den Amerikanern angeblich angeboten haben, »in zwei Jahren zurückzutreten; darauf sind sie nicht eingegangen«, schreibt Jens: »Die Hardliner um Außenminister Marco Rubio wollen das Regime sofort stürzen.« Die designierte Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin María Corina Machado bestärke sie darin.
Die ganze Geschichte hier: Kann Machthaber Maduro den Psychokrieg der Amerikaner kontern?
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Gewinner der Woche…
…ist der Deutsche, der als erster Europäer zum Mond fliegen darf, oder besser: in die Mondumlaufbahn. Denn um eine Landung auf dem Erdtrabanten geht es (noch) nicht. Ich hatte spontan an Markus Söder gedacht, bin mir jetzt aber doch sicher, dass er seine Karriere hier auf der Erde fortsetzen will. Wer weiß, wie es mit Friedrich Merz in Berlin weitergeht?
Spaß beiseite: Nur zwei von 84 Millionen Deutschen sind die einzigen ernst zu nehmenden Kandidaten, schreibt mein Kollege Christoph Seidler: der Geophysiker Alexander Gerst, 49, und der Materialwissenschaftler Matthias Maurer, 55.
Und wer macht’s am Ende? »Wir werden es nicht in einem Boxkampf ausdiskutieren«, sagt Maurer. »Wir sind ein Team.«
Die ganze Geschichte hier: Wer fliegt für Deutschland zum Mond?
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
US-Einwanderungsbehörde stoppt vorerst sämtliche Asylentscheidungen: Die Schüsse auf Nationalgardisten in Washington haben weitere Folgen: Die US-Einwanderungsbehörde setzt alle Asylentscheidungen zunächst aus. Das Außenministerium stoppt die Vergabe von Visa an Personen mit afghanischem Pass.
Trump kündigt Begnadigung von Honduras rechtem Ex-Präsidenten an: Honduras wählt bald einen neuen Präsidenten. Donald Trump macht nun Stimmung für den rechten Kandidaten. Außerdem will er Ex-Präsident Hernández begnadigen – der wegen Kokainschmuggels in US-Haft sitzt.
Pariser Filminstitut schließt Kinosäle wegen Bettwanzen: Auf der Kinoleinwand lief »Alien« – auf Sitzen und Kleidung der Zuschauer liefen offenbar Bettwanzen: In Paris sorgen die Insekten erneut für Aufregung. Das altehrwürdige französische Filminstitut geht nun rigoros vor.
Heute bei SPIEGEL Extra: Die Sängerin Faravaz flüchtete vor den Mullahs. In Brandenburg tritt sie jetzt unter Polizeischutz auf
In Iran verurteilte das Revolutionsgericht Faravaz, weil sie sang. Und in Deutschland? Rennen Männer mit Sturmhauben auf das Festivalgelände und schlagen zu. Was ist es, das die Sängerin mit ihren Songs auslöst?
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Sebastian Fischer, Autor im SPIEGEL-Hauptstadtbüro
Polizeieinsatz in Gießen: Zehntausende Demonstranten erwartet
Foto: 5Vision.news / vr.presse.foto / IMAGOKandidat Hohm: »Wehrhaftigkeit« gefordert
Foto: Patrick Pleul / dpaCDU-Politiker Schulze, Haseloff: »Schlachtfeld der Demokratie«
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert / dpaDiktator Maduro: Treffen mit Trump?
Foto: Federico Parra / AFPMinisterpräsident Söder (im Jahr 2024 zu Besuch in einem schwedischen Raumfahrtzentrum)
Foto: Sven Hoppe / dpaGene Glover / DER SPIEGEL