Kundgebungen und Straßenblockaden – Massenproteste gegen AfD-Jugend

An der wohl größten einzelnen Demo gegen die Gründung einer neuen AfD-Jugendorganisation in Gießen haben laut dem Veranstalter mehr als 20.000 Menschen teilgenommen. Das teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit. Der Bezirksvorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, sprach von einem »beeindruckenden, sichtbaren und zutiefst demokratischen Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit und Spaltung«.

Viele waren schon im Morgengrauen auf den Beinen, mit Schildern wie »Wir sind mehr«, »Wir sind euer böses Gewissen« oder »Gießen für eine bunte Zukunft«. Die Polizei machte zunächst keine genauen Angaben zu den Teilnehmerzahlen der DGB-Demo. Insgesamt bewege sich die Zahl der Teilnehmer aller Proteste im »unteren fünfstelligen Bereich«, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei sei mit einer »mittleren vierstelligen Zahl an Beamten«, sowohl uniformiert als auch in Zivil, im Einsatz.

Bereits am frühen Morgen war es in und um Gießen zu Straßenblockaden gekommen. Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen seien laut Polizei »massiv« blockiert worden. Die Einsatzkräfte sprachen von einer »aktiven Lage mit vielen verschiedenen Schauplätzen« in der Stadt. Eine Blockade von 2000 Personen auf der Bundesstraße 49 wurde mittels eines Wasserwerfers geräumt. Das sei nötig geworden, da die Gruppe auf die mündliche Aufforderung, die Straße freizumachen, nicht reagiert habe, teilte die Polizei mit.

Ein leicht verletzter Polizist

Im Stadtteil Lützellinden hätten Protestierende außerdem geparkte Fahrzeuge und Laternen beschädigt, wie die Polizei mitteilte. Die Verantwortlichen kamen demnach aus einer Gruppe von rund 2000 Personen heraus. Im benachbarten Lahnau-Atzbach hätten Personen aus einer Straßenblockade heraus auf der L3020 Fahrzeuge angehalten und diese beschädigt. Immer wieder hätten sich Einsatzkräfte mit Pfefferspray gegen Steine- und Flaschenwerfer verteidigen müssen. Ein Polizist sei leicht verletzt worden.

Am Nachmittag soll zudem eine Gruppe von Demonstranten versucht haben, zum Veranstaltungsort in den Messehallen der mittelhessischen Stadt durchzubrechen. Wie ein dpa-Reporter vor Ort berichtete, versuchten etwa 30 bis 40 Personen, die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Die Polizei drängte die Aktivisten unter anderem mit einem Wasserwerfer zurück.

Die Polizei teilte mit, ein AfD-Bundestagsabgeordneter sei in Heuchelheim, einer Nachbargemeinde von Gießen, verletzt und der mutmaßliche Täter festgenommen worden. Die Ermittlungen liefen. Weitere Details und den Namen des Betroffenen nannte die Polizei nicht.

AfD-Co-Chefin Alice Weidel hatte zuvor angegeben, der AfD-Bundestagsabgeordnete Julian Schmidt sei am Rande der Proteste »zusammengeschlagen« worden. Der Politiker bestätigte der dpa einen Angriff. Er sei nach dem Abstellen des Autos in der Nähe der Halle angegriffen worden und habe blaue und rote Flecken auf Nase und Jochbein davongetragen. Er sprach von einer neuen Qualität der Konfrontation.

Kritik kommt auch von Merz

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Auseinandersetzungen kritisiert. »Sie werden heute Abend Fernsehbilder aus der Stadt Gießen sehen, die alles andere als erfreulich sind, eine Auseinandersetzung zwischen ganz links und ganz rechts«, sagte Merz beim Landesparteitag der sachsen-anhaltischen CDU in Magdeburg.

Die AfD will in der mittelhessischen Stadt eine Nachfolgeorganisation für die Junge Alternative (JA) mit dem Namen »Generation Deutschland« (GD) gründen, das Treffen konnte aufgrund der Proteste erst mit mehr als zweistündiger Verspätung starten. Favorit für den Vorsitz ist der brandenburgische Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm, der dem rechten Rand der AfD zugeordnet wird und dessen Landesverband als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist. Der Brandenburger Verfassungsschutz schreibt in einem Gutachten aus diesem Jahr, Hohm nehme »persönlich und privat Anteil an einer rechtsextremen Subkultur«. Die frühere AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative hatte sich im Frühjahr aufgelöst, nachdem sich die Partei von ihr getrennt hatte.

Erfahren Sie hier mehr , wie die neue Jugendabteilung der Rechtsextremen tickt.

Am frühen Morgen versammelten sich bereits Tausende Protestierende

Foto: Michael Bauer / dpa

Protestaktion an einer Überführung der Autobahn 480

Foto: 5VISION.NEWS / IMAGO

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