Mehrere Verletzte bei Protesten in Gießen
Nach den Protesten gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation »Generation Deutschland« in Gießen hält die Debatte über den Polizeieinsatz an. Polizeiangaben zufolge hatten am Samstag rund 25.000 Menschen in Gießen demonstriert, das Aktionsbündnis »Widersetzen« sprach sogar von mehr als 50.000. Die Demonstrationen verliefen dabei größtenteils friedlich, an Blockaden kam es jedoch zu Auseinandersetzungen. Die Polizei und das Aktionsbündnis werfen sich gegenseitig Gewalt vor.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) verteidigte den Polizeieinsatz. Ohne das Großaufgebot »wäre es zu schwersten Gewalttaten und bürgerkriegsähnlichen Zuständen gekommen«, sagte er. Laut Poseck sei es nicht die Aufgabe von Aktionsbündnissen, »ein Parteiverbot durch die Hintertür durchzusetzen«. Er habe großes Verständnis für friedlichen Protest gegen die AfD und »Sympathie für die Menschen, die sich für unsere Demokratie aktiv einsetzen«. Wer jedoch zu Gewalt greife, disqualifiziere sich »als Verfechter der Demokratie«. Polizisten seien teilweise mit Steinen und Flaschen beworfen worden.
Das Bündnis »Widersetzen« weist die Vorwürfe der Gewaltbereitschaft seitens der Demonstrierenden zurück. Anwalt Jannik Rienhoff, der einzelne Demonstrierende vertritt, sprach von einem »eskalativen« und »unverhältnismäßigen« Polizeieinsatz. Es gebe Videomaterial, das massive Polizeigewalt zeige. Viele Situationen hätten die Beamten aus seiner Sicht ohne körperliche Eingriffe lösen können. Die Polizei war teilweise mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern gegen Demonstrierende vorgegangen.
Mindestens 36 Demonstrierende mussten dem Landkreis Gießen zufolge medizinisch versorgt werden. Das sagte ein Sprecher des Landkreises der »Zeit« . Meist handelte es sich demnach um leichte Verletzungen wie Prellungen und Schürfwunden. Eine Sprecherin des Universitätsklinikums berichtete demnach zudem von einzelnen schwereren Fällen, darunter ein gebrochenes Nasenbein und Kopfplatzwunden.
Aufseiten der Polizei wurden Polizeipräsident Torsten Krückemeier zufolge zwischen 10 und 20 Beamte leicht verletzt. Eine endgültige Bilanz will das hessische Innenministerium am Montagvormittag vorlegen.
DGB: Vorfälle müssen aufgeklärt werden
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der die Kundgebung organisiert hatte, sprach von einem überwiegenden friedlichen Verlauf und lobte die Zusammenarbeit mit der Polizei. Die Berichte über Verletzte auf beiden Seiten müssten laut dem Vorsitzenden Michael Rudolph nun aufgeklärt werden.
Gießens Oberbürgermeister Tilo Becher (SPD) bedauerte die Gewaltszenen am Rande der Demonstrationen und dankte der Polizei für ihren Einsatz. Gleichzeitig lobte Becher die Proteste. »Gießen hat nicht gebrannt, sondern geleuchtet – durch die vielen Augen derer, die auf die Straßen gegangen sind und fröhlich und friedlich ihre Unterstützung unserer Demokratie gefeiert und ihrer Sorge vor einem Rechtsruck Ausdruck verliehen haben«, heißt es in einer Pressemitteilung .
Am Samstag hat die AfD in den Gießener Hessenhallen ihre neue Jugendorganisation »Generation Deutschland« gegründet. Zum Vorsitzenden der wurde der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm gewählt.
Innenminister Roman Poseck (CDU)
Foto: Arne Dedert / dpa