Grüne werfen Merz Wortbruch beim Sondervermögen vor
Bei den Grünen wächst der Frust über das Vorgehen der Bundesregierung. »Friedrich Merz bereitet beim Sondervermögen den nächsten Wortbruch vor«, sagt Katharina Dröge, Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, über den CDU-Kanzler.
Was ist geschehen? Am Montag hat SPD-Finanzminister Lars Klingbeil ein Rundschreiben an alle Bundesministerien geschickt. Der zentrale Satz: »Die Einzelpläne sind um die Maßnahmen, die zukünftig im Sondervermögen gemäß Artikel 143h des Grundgesetzes finanziert werden, abzusenken.«
Das bedeutet: Alles, was über das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen bezahlt werden kann, soll aus den Haushaltsplänen der einzelnen Ressorts herausgerechnet werden.
Darüber hinaus sollen auch die Ausgaben für den künftigen Klima- und Transformationsfonds (KTF) aus den entsprechenden Einzelplänen herausgenommen werden. In ihnen entstehen dadurch neue Spielräume. Diese, so argwöhnen die Grünen, werden die Koalitionäre wahrscheinlich nutzen, um Haushaltslöcher zu stopfen oder teure Wahlgeschenke wie Mütterrente oder Agrardiesel-Förderung zu finanzieren.
Genau das hatten die Grünen zu verhindern versucht. Für ihre Zustimmung zur Grundgesetzänderung, die das schuldenfinanzierte Sondervermögen ermöglicht hat, hatten sie eine Bedingung gestellt: Das Geld sollte zusätzlich zum regulären Bundeshaushalt eingesetzt werden, um den Standort Deutschland zukunftssicher zu machen – und nicht für bereits geplante Projekte oder gar konsumtive Ausgaben eingesetzt werden.
Wenn Klingbeil und Merz das Sondervermögen nun nutzen wollten, um Probleme im Bundeshaushalt zu lösen, »dann ist das ein erneuter Wortbruch«, so Dröge. »Und schlimmer noch, es schadet der Wirtschaft in Deutschland.«
Wirtschaftsweise warnen vor Wahlgeschenken
Darin ist sich Dröge mit den Wirtschaftsweisen einig. Der Sachverständigenrat hat diese Woche sein Frühjahrsgutachten vorgelegt. Eine zentrale Aussage: Das 500 Milliarden Euro schwere Finanzpaket wird das Wirtschaftswachstum nur dann ankurbeln, wenn es in nachhaltige Investitionen fließt.
Sollten die neuen Milliarden dagegen zu erheblichen Teilen konsumtive Ausgaben wie die Ausweitung der Mütterrente (Kosten laut Gutachten: 4,9 Milliarden Euro pro Jahr), die Erhöhung der Agrardiesel-Förderung (500 Millionen Euro) oder eine niedrigere Umsatzsteuer für die Gastronomie (4,3 Milliarden Euro) finanzieren, würde dies »die Wachstumsimpulse, die vom Finanzpaket ausgehen, erheblich reduzieren«.
Die Absprache mit den Grünen sah vor, dass 400 der 500 Milliarden Euro in die Infrastruktur und 100 Milliarden in den KTF fließen. »Wir fordern Friedrich Merz auf, jetzt klarzustellen, dass er dieses Mal sein Wort hält«, sagt Dröge, »und dass alle Mittel aus dem Sondervermögen in zusätzliche Investitionen fließen«. Ähnlich äußerte sich Grünenparteichef Felix Banaszak. »Wer jetzt Zukunftsinvestitionen streicht, sägt am eigenen wirtschaftlichen Fundament«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung«. Er warf der Bundesregierung »Haushaltstrickserei« vor.
Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es indes, dass bis zum Jahr 2034 zehn Milliarden Euro pro Jahr in den KTF fließen sollen. Zudem habe man mit den Grünen vereinbart, dass die Mittel aus dem Sondervermögen nur ausgegeben werden dürften, wenn auch mindestens zehn Prozent der Gesamtausgaben des Kernhaushalts in Investitionen fließen. Sei diese Bedingung erfüllt, könne man das Sondervermögen auch zur Finanzierung bereits geplanter Projekte einsetzen.
Finanzminister Klingbeil, Kanzler Merz: Erneuter Wortbruch?
Foto: Michael Kappeler / dpa