Reallöhne wachsen um 2,7 Prozent
Die Kaufkraft der deutschen Arbeitnehmer ist im dritten Quartal trotz Wirtschaftsflaute schneller gestiegen. Die Reallöhne lagen von Juli bis September um durchschnittlich 2,7 Prozent höher als ein Jahr zuvor. »Das war der bislang höchste Anstieg in diesem Jahr«, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Es war zudem das zehnte positive Quartal in Folge. Während die nominalen Löhne um 4,9 Prozent zulegten, stiegen die Verbraucherpreise nur um rund 2,3 Prozent. Der Reallohn gibt an, wie viel den Arbeitnehmern nach Abzug der Inflation tatsächlich übrig bleibt. Im Frühjahr hatte das Plus hier noch bei 1,9 Prozent gelegen, in den ersten drei Monaten des Jahres bei 2,5 Prozent.
»Es geht mit den Löhnen wieder aufwärts, das ist eine gute Nachricht – für die Beschäftigten, die Binnennachfrage und die Konjunktur«, sagte der Experte des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), Malte Lübker. »Aber insgesamt haben die Reallöhne gerade einmal die herben Kaufkraftverluste der letzten Jahre aufgeholt und sind jetzt wieder auf dem Stand vom dritten Quartal 2019.« Das seien sechs Jahre Stagnation und damit eine lange Durststrecke für die Arbeitnehmer.
Von Branche zu Branche unterschiedlich
Überdurchschnittliche Steigerungen der Nominallöhne gab es im dritten Quartal im Bereich Erziehung und Unterricht (7,3 Prozent), Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (7,2 Prozent), Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen sowie Information und Kommunikation (jeweils 6,1 Prozent). Demgegenüber fiel der Zuwachs im Baugewerbe (3,5 Prozent), im Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (2,9 Prozent) und im Gastgewerbe (2,8 Prozent) unterdurchschnittlich aus.
Trotz steigender Kaufkraft halten die Deutschen ihr Geld zusammen. Im dritten Quartal sanken die privaten Konsumausgaben um 0,3 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Vierteljahr – das erste Minus seit Ende 2023.
Die Zurückhaltung registriert auch der Einzelhandel. Vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft ging der Umsatz überraschend zurück. Die Einnahmen sanken im Oktober um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Inflationsbereinigt fiel das Minus mit 0,3 Prozent noch größer aus. Das kommt unerwartet: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hier mit einem Wachstum von 0,2 Prozent gerechnet, nachdem es im September noch zu einem Plus von 0,3 Prozent gereicht hatte.
»Vielleicht ist es noch etwas zu früh, aber eine Vorweihnachtsstimmung sieht anders aus«, kommentierte der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger, die Entwicklung.