Missbrauchsvorwürfe – Thüringer HC trennt sich von Jugendtrainer

Der Handball-Bundesligist Thüringer HC hat sich von einem Nachwuchstrainer getrennt, gegen den Vorwürfe der psychischen Gewalt gegen Spielerinnen erhoben werden. Das bestätigte der Cheftrainer des Profiklubs Herbert Müller dem SPIEGEL. Müller zufolge sei das seit Mittwochabend der Fall. Ihm sei die Angelegenheit »sehr unangenehm«.

Zuerst hatte die »Thüringer Allgemeine«  über die Entscheidung berichtet. Sie zitiert THC-Präsident Harald Zanker mit den Worten: »Wir müssen die Kinder und Jugendlichen, den Verein und die Trainer schützen.«

Hintergrund für den Schritt sind unter anderem Berichte des SPIEGEL  und MDR Investigativ . Darin wird von langjährigen massiven Grenzüberschreitungen des Trainers bei der Betreuung von minderjährigen Spielerinnen berichtet.

»Du hast mich gebrochen«: Die Hintergründe zu dem Fall lesen Sie hier 

Demnach hatte am 2. April das Jugendamt Erfurt eine Gefährdungseinschätzung zu dem Nachwuchstrainer des Thüringer HC erstellt. Das Dokument liegt dem SPIEGEL vor. Das dort einberufene Gremium votierte mehrheitlich mit »Ja« zu der Frage, ob das Kindeswohl gefährdet sei. Die Mehrheit der Fachleute aus dem Jugendschutz empfahl: »Der Trainer sollte umgehend vom Sportbetrieb ausgeschlossen werden.«

Vorgeworfen werden dem ehrenamtlichen Jugendübungsleiter aus Erfurt, der dort auch am Sportgymnasium (mit angeschlossenem Internat) als Trainer tätig war, wiederholte seelische Gewalt, sexualisierte Äußerungen über das Aussehen von Spielerinnen, körperliche Misshandlungen und Grenzverletzungen über Jahre.

Ein Kölner Medienanwalt, der die Interessen des Handballtrainers vertritt, erklärte gegenüber dem SPIEGEL schriftlich, sein Mandant habe die »schwerwiegenden Vorwürfe als haltlos entkräften können« und »kann als vollständig rehabilitiert angesehen werden«.

Betretungsverbot des Schulgeländes

Ein öffentlich kommunizierter Ausschluss des Übungsleiters war für den THC zunächst aber nicht infrage gekommen. Der Landessportbund Thüringen, der gegenüber dem Klub nicht weisungsbefugt ist, empfahl dem Trainer Schulungen »in gewaltfreier Kommunikation und pädagogischen Grundlagen«. Dem sei der Mann nachgekommen. Zudem habe er eine Übungsleiterin an die Seite gestellt bekommen.

Auch am Sportgymnasium durfte der Coach nach seiner Schulung zunächst wieder arbeiten, nachdem er von der Schule bis Endes des Schuljahres 2024/2025 suspendiert worden war und auch das Schulgelände nicht mehr habe betreten dürfen, wie das Bildungsministerium dem SPIEGEL mitgeteilt hatte.

Am 20. November stellten ihn das Bildungsministerium und die Schulleitung dann erneut frei, sprachen wiederholt ein »Betretungsverbot« des Geländes aus. Grundlage für diesen Schritt sei eine »Neubewertung des Vorgangs am Sportgymnasium« gewesen, wie das Bildungsministerium mitteilte.

Der Thüringer Handball-Verband hatte auf sein »umgehendes« Handeln verwiesen. So habe man etwa den LSB‑Kinderschutz eingebunden, Empfehlungen »vollständig« umgesetzt.

Beim Verband hatte man den Trainer im Sommer vergangenen Jahres zum Chef des Leistungssportausschusses gewählt. Auf SPIEGEL-Anfrage teilte der Verband am Samstag mit, dass der Trainer zum jetzigen Zeitpunkt von diesem Ehrenamt nicht zurückgetreten sei. Auf Grundlage der erhobenen Vorwürfe habe man das Präsidium des THV zu einer außerordentlichen Präsidiumssitzung zum nächstmöglichen Zeitpunkt eingeladen.

Der Thüringer HC ist ein Schwergewicht im deutschen Frauenhandball: zwischen 2011 und 2018 siebenmal Deutscher Meister, European‑League‑Sieger im Mai 2025. Zusammen mit Borussia Dortmund trägt der Klub sportlich und finanziell die Handball-Bundesliga Frauen.

Das könnte Ihnen auch gefallen