Das Nothing Phone (3) setzt ohne zu blinken Zeichen

Das Nothing Phone (3) ist das erste Nothing-Smartphone, das ganz oben mitspielen, aber trotzdem anders als die anderen sein soll. Der Praxistest zeigt, dass das Konzept technisch weitgehend aufgeht. Die große Frage ist, ob Nutzerinnen und Nutzer bereit sind, den Preis dafür zu bezahlen und das neue Design mögen.

Während etablierte Smartphone-Hersteller wie Samsung vor großen Designänderungen zurückschrecken und ihren Erfolg mit altbewährten Mitteln suchen, ist der britische Newcomer Nothing erfrischend mutig und anders. Vor knapp drei Jahren setzte das Nothing Phone (1) ein erstes starkes Blinkzeichen in der Mittelklasse.

Es folgten weitere Geräte, die nicht nur durch ihr außergewöhnliches Design auffielen, sondern auch technisch überzeugten. Unter anderem erwies sich das Nothing Phone (2a) bei Stiftung Warentest als bestes Smartphone bis 500 Euro.

Mit dem Nothing Phone (3) möchten die Briten jetzt auch ganz oben mitmischen. Dafür haben sie nicht nur Leistung und Kameras verbessert, sondern erneut eine mutige Design-Entscheidung getroffen: Statt mit blinkenden Leuchtstreifen setzt die transparente Rückseite jetzt mit einem runden Mini-Display und Pixel-Grafiken Zeichen.

Tolles Display

Die Vorderseite sieht auf den ersten Blick unverändert aus, aber auch hier hat sich einiges getan. Das AMOLED-Display mit 6,67-Zoll-Diagonale hat deutlich schmalere Ränder und ist mit 470 Pixeln pro Zoll (ppi) noch schärfer. Es bietet eine adaptive Bildwiederholfrequenz bis 120 Hertz, kann sehr hell leuchten, zeigt starke Kontraste und akkurate Farben. Insgesamt macht es einen ausgezeichneten Eindruck und zeigt Flaggschiff-Niveau. Bemerkenswert ist auch, wie zackig und akkurat der integrierte Fingerabdrucksensor arbeitet.

Mit 160,6 x 75,6 mm ist das Nothing Phone (3) insgesamt recht handlich, aber mit 218 g fast 17 g schwerer als der Vorgänger. Außerdem ist es mit knapp 9 mm dicker als die meisten anderen aktuellen Smartphone-Flaggschiffe. Das liegt unter anderem daran, dass die Akku-Kapazität von 4700 auf über 5100 Milliamperestunden (mAh) angewachsen ist.

Mit der großen Batterie hat sich das Nothing Phone (3) im Praxistest ähnlich wie der Vorgänger als äußerst ausdauernd erwiesen. Bei normalem Gebrauch hält es locker eineinhalb Tage durch, kommt es seltener zum Einsatz, muss man es auch erst die zweite Nacht ans Ladegerät hängen.

Hohe Ausdauer und robust

Wenn’s knapp wird, kann man den Akku mit 65 Watt schnell auftanken, eine leere Batterie ist so in weniger als einer Stunde wieder voll. Induktiv lädt das Smartphone mit bis zu 15 Watt. Nett: Man kann auf der Rückseite Ohrhörer kabellos aufladen.

Mit IP68 hat der Schutz vor Staub und Wasser jetzt Oberklasse-Niveau. Vorder- und Rückseite werden von Gorilla Glass 7i und Gorilla Glas Victus bedeckt. Das geht zwar noch besser, die Deckgläser bieten aber trotzdem einen hohen Schutz vor Kratzern oder Bruch. Dazu hat das Nothing Phone (3) ab Werk eine Folie auf dem Display, und zum Lieferumfang gehört eine Silikonhülle.

Extra-Taste für Essential Space

Im angenehm matten, abgerundeten Aluminiumrahmen sitzt wie schon beim im März vorgestellten (3a)-Duo unter dem Einschalter auf der rechten Seite eine zusätzliche Taste. Über sie kann man unter anderem schnell Screenshots oder Kameraaufnahmen dem sogenannten Essential Space hinzufügen. So kann man unter anderem Ideen sammeln oder To-do-Listen anlegen. Drückt man die Taste zweimal, öffnet man die zugehörige App. Ein langer Druck führt direkt zur Spracheingabe.

Es ist auch möglich, die Aufnahmen in Text umwandeln zu lassen, oder man lässt in Aufnahmen oder Screenshots erkannten Text zusammenfassen. Neu ist die Möglichkeit, das Gerät umzudrehen, um Sprachnotizen zu starten. Um wichtige Stellen zu markieren, drückt man während der Aufnahme die Essential-Space-Taste.

Transkriptionen und Zusammenfassungen erfolgen online, wofür man pro Monat 300 Minuten zur Verfügung hat. Laut Nothing sind hochgeladene Daten verschlüsselt und werden umgehend gelöscht, wenn die Aufgabe erledigt ist. Screenshots und Fotos kann man auch offline hinzufügen.

Nothing gibt zwar an, dass Essential Space vorerst noch am besten auf Englisch genutzt werden sollte. Im Test funktionierten aber sowohl Sprachumwandlungen als auch Zusammenfassungen auf Deutsch ebenso gut. Die Funktion ist kein Kracher, aber nützlich. Weitere Möglichkeiten sollen im Laufe der Zeit hinzukommen.

Nicht zu viel KI

Wer noch mehr KI-Funktionen haben möchte, kann über einen langen Druck des Einschalters Google Gemini starten. "Circle to search" steht ebenfalls zur Verfügung. Damit kann man nach Inhalten suchen, indem man auf dem Display ein Objekt oder Text antippt oder umkreist.

Weitere KI-Möglichkeiten zur Bild- und Videobearbeitung findet man in Google Fotos. Auf einen eigenen Assistenten verzichtet Nothing bisher. Das ist gut so, denn bei anderen Herstellern ist das Nebeneinander von eigenen und Googles KI-Funktionen eher verwirrend als nützlich.

Mini-Display statt Leuchtstreifen

Auf Glyphen verzichtet Nothing auch beim Phone (3) nicht. Es gibt auf der Rückseite aber keine blinkenden LED-Streifen mehr, sondern in der rechten oberen Ecke ein kleines rundes Schwarz-Weiß-Display mit 22 mm Durchmesser. Es kann mit 489 MicroLEDs Pixel-Grafiken oder -Animationen anzeigen.

Die Möglichkeiten des Mini-Displays sind wie bei den Leuchtstreifen der Vorgänger theoretisch groß, Nothing stellt ein Entwickler-Kit zur Verfügung, mit dem im Prinzip jeder eigene Anwendungen dafür schreiben kann. Aktuell kann man unter anderem einzelnen Kontakten spezielle Animationen zum Klingelton zuordnen.

Weniger spektakulär, aber praktischer

Außerdem gibt es sogenannte Glyph-Spielzeuge. Derzeit sind das die Uhrzeit, eine Stoppuhr, der Akku-Stand oder Flaschendrehen. Um Anwendungen zu aktivieren oder zu wechseln, gibt es auf Höhe der Lautstärke-Senken-Taste unter dem Displayglas eine ebenfalls kreisrunde Touchfläche.

Das Glyph Interface des Nothing Phone (3) ist insgesamt weniger spektakulär als die blinkenden Leuchtstreifen des Vorgängers, aber praktischer. Ein Countdown ist beispielsweise wesentlich informativer, wenn man ihn in Zahlen statt Zeichen sieht. Auch Kontakte kann man so leichter auseinanderhalten.

Sehr gute Kameras

Schon beim Vorgänger war die Kameraausstattung richtig gut, jetzt hat sie definitiv Oberklasse. Die eigenwillig "unordentlich" platzierten drei Kameras auf der Rückseite haben alle Sensoren mit 50 Megapixeln (MP). Die Hauptkamera macht mit optischer Bildstabilisierung (OIS) und Blende f/1.68 ausgezeichnete Fotos, die sich durch realistische Farben, viele Details und starke Kontraste auszeichnen. Auch nachts produziert sie sehr gute Bilder.

Die Videos haben im Praxistest ebenfalls nicht enttäuscht. Das Nothing Phone (3) gleicht Bewegungen gut aus, fokussiert schnell und hat keine Probleme mit wechselnden Lichtverhältnissen. Sowohl Full-HD- als auch 4K-Aufnahmen werden mit 30 oder 60 Bildern pro Sekunde (fps) aufgenommen.

Die Ultra-Weitwinkel-Kamera kann erfreulicherweise weitgehend mithalten. Mit Blende f/2.2 ist sie sogar bei wenig Licht noch zu gebrauchen, ohne OIS verwackelt man dann allerdings schnell. Ein dickes Lob gibt es für die schönen Makros, die die Ultra-Weitwinkel-Kamera liefert.

Die Periskop-Kamera (f/2.68) hat zusätzlich zur elektronischen Stabilisierung (EIS) OIS, weshalb man auch ihre maximal 60-fache Vergrößerung noch gut halten kann. Schön sind die Fotos dann allerdings nicht mehr. Richtig klasse sind Bilder der Periskop-Kamera bei ihrem optischen dreifachen Zoom. Ab sechsfacher Vergrößerung sieht man, dass die Software weichzeichnet, aber auch bei zehnfacher Vergrößerung sind die Fotos noch absolut okay.

Sehr gut ist auch die Frontkamera (f/2.2), die ebenfalls 50 MP bietet. Damit ist sie aber auch größer als beim Vorgänger, weshalb die Bohrung im Display entsprechend deutlicher ist.

Kein Benchmark-König, aber leistungsstark

Angetrieben wird das Nothing Phone (3) von Qualcomms Chip Snapdragon 8s Gen 4, der auf wahlweise 12 oder 16 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher zugreifen kann. Damit ist das britische Top-Smartphone nicht ganz so leistungsstark wie ein Samsung Galaxy S25 und andere Oberklasse-Androiden mit dem Snapdragon 8 Elite. Mit Wifi 7 und Bluetooth 6 ist er aber ebenfalls auf der Höhe der Zeit.

Das Gerät arbeitet außerdem trotz des günstigeren Chips pfeilschnell, auch wenn es gefordert wird. Dazu trägt nicht zuletzt die ausgezeichnete Software bei. Und was die reine Leistung betrifft: Beim Benchmark-Vergleich (Geekbench 6) hat das Nothing Phone (3) immerhin das Google Pixel 9 Pro klar hinter sich gelassen - beim einzelnen Rechenkern mit 2123 zu 1958 Punkten, mit allen acht Kernen mit 6671 zu 4365 Punkten.

Fazit

Das Nothing Phone (3) kostet mit 12 GB Arbeits- und 256 GB Flash-Speicher knapp 800 Euro. Zum Verkaufsstart bekommt man dafür auch die Variante mit 16 und 512 GB, die ansonsten 100 Euro mehr kostet. Damit ist das Gerät auch preislich in der Oberklasse angekommen, ist aber nicht ganz so teuer wie etliche andere Flaggschiffe.

Außerdem hat es viel Qualität zu bieten, und wenn man das Design mag, ist es aktuell das interessanteste Top-Smartphone auf dem Markt. Man hat auch lange Spaß daran: Wie es sich inzwischen gehört, garantiert Nothing fünf Jahre Android-Updates und sieben Jahre Sicherheitsaktualisierungen.

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