Deutsche Bank investiert offenbar erneut mehr in Kohle
Die Deutsche Bank ist weiterhin einer der größten Kohlegeldgeber in Europa. Die Bank mit Sitz in Frankfurt am Main finanzierte im Zeitraum zwischen 2022 und 2024 mit insgesamt rund zwei Milliarden US-Dollar weltweite Kohleprojekte. Das geht aus der Studie »Still Banking on Coal« der Umweltorganisation Urgewald und weiteren 23 internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Darin ist ein Aufwärtstrend erkennbar: 2022 stellte die Deutsche Bank demnach 393 Millionen Dollar bereit, im Jahr darauf 689 Millionen und 2024 sogar 987 Millionen Dollar.
Die Zahlen stammen aus einem Datensatz der Nichtregierungsorganisationen, die jährlich den Bericht »Banking on Climate Chaos« verfassen.
Noch vor der Deutschen Bank rangiert laut der Studie die britische Bank Barclays mit vier Milliarden US-Dollar über drei Jahre (siehe Grafik). Insgesamt haben Banken der Kohleindustrie weltweit in dem Zeitraum rund 385 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, in Form von Krediten oder der Unterstützung bei der Ausgabe von Anleihen oder Wertpapieren.
Laut Urgewald waren die Kohlekredite insgesamt zunächst leicht zurückgegangen, von 132 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 123 Milliarden im Jahr darauf. 2024 aber stiegen sie demnach wieder an, auf 130 Milliarden Dollar.
Aktuell plant der Studie zufolge nur noch ein Viertel von 100 Großbanken, bis 2030 ganz aus der Kohlefinanzierung auszusteigen. Doch immerhin bei einigen Banken sei das Engagement für die Kohle zurückgegangen, räumen die Studienautoren ein. So vergeben BNP Paribas, Santander und UBS seit 2022 weniger Kredite, letztere schrumpfte ihre Kohlekredite sogar um 76 Prozent. Die Studie hat die Finanzströme von 650 Geschäftsbanken an Kohleunternehmen untersucht.
Die Deutsche Bank falle im Vergleich zu anderen Banken als besonders aktiver Kohlefinanzierer auf, sagt Philipp Noack von Urgewald. »Als eine der größten Kohlebanken Europas hält sie diese längst totgesagte Industrie mit Milliardensummen am Leben.«
Die Bank dementiert das und erklärt auf SPIEGEL-Nachfrage, man habe bereits seit zehn Jahren das »Engagement in CO₂-intensiven Sektoren reduziert«. Die Zahlen der Studie von Urgewald könne man nicht nachvollziehen, ein Sprecher verweist auf eigene Erhebungen. Diese zeigen allerdings noch höhere Kreditzusagen. So seien in den gesamten Kohlebergbau – gemeint ist Kohle für Kraftwerke sowie für die Industrie, etwa Stahlwerke – zwischen 2022 und 2024 insgesamt fast vier Milliarden Euro investiert worden. Das ist rund doppelt so viel wie in der Urgewald-Studie angegeben. Die Bank vergebe diese Darlehen an Unternehmen, nicht aber direkt an einzelne Kraftwerke oder Kohleminen, betont der Sprecher weiter. Außerdem investiere man auch in erneuerbare Energien.
Die Deutsche Bank und Urgewald nutzen für ihre Daten unterschiedliche Annahmen. Die Umwelt-NGO führt in ihrem Bericht die Kraftwerkskohle sowie Risikobewertungen oder Garantieübernahmen bei Kohlegeschäften an. Die Bank selbst spart Letzteres aus, zählt dafür aber die Industriekohle mit.
Das Ende der Kohle sollte schon vor vier Jahren beginnen
Der weltweite Ausstieg aus der Kohle ist seit November 2021 internationaler Konsens. Damals einigten sich Regierungen und Unternehmen auf der Uno-Klimakonferenz im schottischen Glasgow (COP26), die Kohleförderung und Verbrennung herunterzufahren. In der Abschlusserklärung verpflichten sich die Staaten erstmals, aus dem klimaschädlichen Brennstoff auszusteigen. Auch die Kohlesubventionen sollen abgebaut werden.
Die Finanzbranche sagte auf der COP26 zu, bis zu 130 Billionen Dollar für klimaneutrale Investitionen zu mobilisieren. Die Deutsche Bank war damals Teil der sogenannten Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), einer Koalition von mehr als 450 Finanzunternehmen aus 45 Ländern, die versprachen, weniger in fossile Rohstoffe zu investieren und bis Mitte des Jahrhunderts ganz darauf zu verzichten. »Wir müssen die Nachhaltigkeit ins Zentrum von allem stellen, was wir tun«, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing damals. Dass die weiterhin vergebenen Milliarden für Kohlekredite gegen die eigenen Ziele verstoßen, dementiert die Bank dennoch.
Kohlemine von Peabody Energy: 2024 kaufte der US-Konzern die Kohleanlagen des südafrikanischen Unternehmens Anglo American, die Deutsche Bank war laut Urgewald die einzige europäische Bank, die den Deal mitfinanzierte
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