Fabriklebensmittel sind nicht zwangsläufig riskant
Lesen Sie auch manchmal im Supermarkt voller Argwohn, was da alles in der Tiefkühlpizza auf Sie wartet? Da ist die Rede von Antioxidations- und Säuerungsmitteln, Emulgatoren, Stabilisatoren, modifizierten Stärken und manch anderem mehr, was zumindest unappetitlich klingt. Wenn Sie die Liste der Zusatzstoffe mit Erschaudern durchgegangen sind, dann wissen Sie, womit Sie es zu tun haben: mit einem industriell erzeugten, hochgradig verarbeiteten Lebensmittel. Vor dieser Kategorie warnen viele Fachleute immer wieder. Wer zu viel davon isst, so etwa die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, der nimmt ein höheres Risiko für Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf sich. Aber stimmt das wirklich?
Meine Kolleginnen Alina Schadwinkel und Antje Windmann haben einen Experten gesprochen, der eine andere Sicht hat auf die von vielen Fachleuten verteufelten UPF, wie die »ultra processed foods« auch genannt werden. »Ich werbe für mehr Gelassenheit«, sagt der Lebensmittelchemiker Thomas Henle von der TU Dresden im SPIEGEL-Gespräch. Viele Zusatzstoffe seien gänzlich unbedenklich. Und nicht alles, was naturbelassen ist, sei automatisch gut. »Dass Menschen krank werden, liegt meist am gesamten Lebensstil«, sagt Henle, also an »zu vielen Kalorien, zu wenig Bewegung«.
Die bloße Tatsache, dass Speisen verarbeitet seien, sollte ihnen laut Henle nicht vorgeworfen werden, denn »das machen wir mit nahezu all unseren Lebensmitteln, wenn wir sie zerkleinern, würzen oder kochen«. Der Professor rät dem verunsicherten Publikum, gesüßte Getränke wegen des vielen Zuckers besser zu meiden, ebenso wie sehr fettreiche und salzige Wurstwaren. Aber im Spektrum der UPF gebe es Lebensmittel, die keinen Generalverdacht verdienten, etwa manche Fruchtjoghurts oder auch Cerealien. Wie Verbraucher sich leichter orientieren können über wünschenswerte und weniger wünschenswerte verarbeitete Lebensmittel, lesen Sie hier .
Herzlich,
Ihr Marco Evers
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Bild der Woche
Unzählige Scherben liegen in Pompeji begraben, wurde die römische Stadt doch mindestens zweimal heimgesucht: Im Jahr 79 brach der Vesuv aus und bedeckte sie unter einer Wolke aus glühender Asche; 1943 ließen die Alliierten mehr als 150 Bomben auf die berühmte Ausgrabungsstätte herabregnen. Mithilfe eines zweiarmigen Roboters haben Archäologen nun versucht, zerstörte Fresken wiederherzustellen, die aus Abertausenden Puzzlesteinen bestehen. Das Hightechprojekt, gefördert von der EU, könnte helfen, längst verlorene Welten wiederauferstehen zu lassen.
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Industriell hergestelltes Weihnachtsgebäck: »Ich werbe für mehr Gelassenheit«
Foto: nadisja / Getty Images / iStockphotoGuglielmo Mangiapane / REUTERS