Was auf Riester folgen soll
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) steht gemeinhin nicht im Verdacht, sich als Erbe seines Vorvorgängers Christian Lindner (FDP) zu sehen. So gehörte die Lockerung der von Lindner eisern verteidigten Schuldenbremse zu den ersten Amtshandlungen der heutigen Bundesregierung.
In zwei Punkten knüpft Klingbeil nun an aber an Pläne von Lindner an: Mit der Reform der geförderten privaten Altersvorsorge, welche die unpopuläre Riester-Rente ablösen soll. Und mit dem Start einer sogenannten Frühstartrente, durch die schon Kinder und Jugendliche an das Thema private Vorsorge herangeführt werden sollen. Beide Vorhaben sollen am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden.
Die Riester-Rente hatte sich unter anderem wegen hoher Gebühren zu einem Flop entwickelt, Millionen von Altverträgen werden unzureichend oder gar nicht mehr bespart. Durch die Reform werde das System »deutlich einfacher, günstiger und flexibler«, heißt es aus dem Finanzministerium. Erreichen will Schwarz-Rot das unter anderem durch folgende Punkte:
Die Abschluss- und Vertriebskosten der Produkte werden über die gesamte Laufzeit der Verträge verteilt. Jeder Anbieter muss ein Standardprodukt im Programm haben, dessen Kosten bei 1,5 Prozent gedeckelt werden. Günstiger werden sollen die Produkte dadurch, dass Anbieter weniger Extraleistungen anbieten müssen – etwa eine Koppelung mit Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Bürgerinnen und Bürger können ein höheres Risiko und damit potenziell auch höhere Renditen wählen. Das wird möglich, indem eine Rückzahlung der eingezahlten Beiträge und Zulagen nicht mehr garantiert werden muss. Weiterhin soll es aber auch Produkte mit einer 100- und 80-prozentigen Garantie der Einzahlungen geben.
Der Riester-Nachfolger soll mehr Flexibilität ermöglichen. In der Ansparphase sollen Kundinnen und Kunden leichter zwischen verschiedenen Anbietern wechseln können. Wer schon einen Riester-Vertrag hat, kann mit ihm in die neue Förderung wechseln. Auch bei der Auszahlung sollen individuelle Pläne möglich werden. Bei der Riester-Rente muss ein Großteil des Kapitals dagegen in Form einer lebenslangen Rente ausgezahlt werden.
Die staatliche Förderung soll erhöht und vereinfacht werden. Statt der bisherigen festen Grundzulage von 175 Euro bei Riester soll es im künftigen Modell eine proportionale Zulage von bis zu 480 Euro geben. Der maximal geförderte Eigenbetrag beträgt 1800 Euro pro Jahr, wobei es bis zu 1200 Euro eine Zulage von 30 Cent gibt, die ab 2029 auf 35 Cent steigt. Für weitere bis zu 600 Euro gibt es eine Zulage von 20 Cent. Wie bislang auch können Beiträge steuerlich geltend gemacht werden, die Auszahlungen werden dann besteuert.
Trotz einer absehbar wachsenden Rentenlücke sorgen die Deutschen im Vergleich zu anderen Ländern bislang nur wenig privat vor. Ändern soll sich das auch mithilfe der Frühstartrente, die schon bei der Jugend Interesse am Thema wecken soll. Zu deren Eckpunkten gehören:
Ein Altersvorsorgedepot für jedes Kind zwischen sechs und 18 Jahren, das der Staat mit monatlich zehn Euro fördert. Die Förderung beginnt im kommenden Jahr bei der Kohorte der Sechsjährigen mit dem Geburtsjahrgang 2020. Auch ältere Jahrgänge können Depots anlegen, jedoch ohne staatliche Förderung.
Eine Auffanglösung für Kinder ohne Depot. Da absehbar nicht alle Eltern Depots für ihren Nachwuchs eröffnen werden, soll der Staat das Kapital für alle anderen kollektiv anlegen. Diese Mittel können Eltern auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zum Abschluss individueller Verträge nutzen. Tun sie das nicht, können Jugendliche die für sie vom Staat verwalteten Mittel mit Erreichen der Volljährigkeit als Startkapital für ein selbst abgeschlossenes Depot nutzen.
Eine enge Verknüpfung von Frühstartrente und der späteren privaten Altersvorsorge. Die Vorgaben für Depots für Kinder und Jugendliche sollen an jene für die späteren Standardprodukte anknüpfen. So wird laut Finanzministerium ein »nahtloser Übergang« in die Altersvorsorge als Erwachsener ermöglicht.
Die Reform sei allerdings »administrativ komplex«, heißt es aus dem Haus von Lars Klingbeil. Deshalb sollen sowohl der Riester-Nachfolger als auch die Frühstartrente erst Anfang 2027 an den Start gehen. Eine Spätstartrente soll es für den Jahrgang 2020 dennoch nicht werden: Dessen Auszahlungen beginnen dann rückwirkend zum 1. Januar 2026.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Zulage liege für Einzahlungen über 1200 Euro bei 35 Cent. Tatsächlich gilt dieser Wert ab 2029 für Einzahlungen bis zu 1200 Euro. Für weitere 600 Euro gilt eine Zulage von 20 Cent. Wir haben die Stelle angepasst.