Grüne wittern Normalisierung des Taliban-Regimes

Die Bemühungen der Bundesregierung, weitere Abschiebungen nach Afghanistan  zu ermöglichen, sorgen für eine Debatte über den Umgang mit den international geächteten Taliban.

Für die Grünen wirft Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour der Bundesregierung vor, die Taliban durch die Organisation der Abschiebeflüge schleichend anzuerkennen. Konkret sieht Nouripour durch die Kontakte zum Regime in Kabul Schritte »in Richtung Normalisierung einer Terrorherrschaft«.

Nouripour hat bei der Bundesregierung nachgefragt, wie es zu dem neuen Abschiebeflug kam. In einer Antwort schreibt das Auswärtige Amt zwar, der Flug von Leipzig nach Kabul sei hauptsächlich durch die Vermittlung des Emirats Katar zustande gekommen. Gleichwohl aber stehe die Bundesregierung »auf technischer Ebene mit Vertretern der De-facto-Regierung in Afghanistan in Kontakt«, so das Außenamt.

Formal hat Berlin keine diplomatischen Kontakte zu den Taliban. Allerdings besucht ein deutscher Diplomat regelmäßig Kabul und trifft dort auch Mitglieder der Taliban-Regierung. Zudem gibt es Kontakte zu afghanischen Diplomaten, die im Emirat Katar sitzen. Über diese Drähte sollen nach SPIEGEL-Informationen auch die Absprachen für den Abschiebeflug Ende Juli von Leipzig nach Kabul erfolgt sein. Öffentlich schweigt die Bundesregierung zu den Details des Vorgangs.

Die Bundesregierung signalisiert allerdings, dass sie einen neuen Kurs im Umgang mit den Taliban einschlagen will. Um weitere Abschiebeflüge möglich zu machen, hat Berlin zum Beispiel akzeptiert, dass aktuell zwei von den Taliban autorisierte Konsularbeamte nach Berlin und Bonn entsandt werden; sie sollen die nötigen Passpapiere für weitere Rückführungsflüge nach Kabul ausstellen.

In Regierungskreisen hieß es nach der Abschiebung der 81 Afghanen Ende Juli, die neue Regierung verfolge »pragmatische Ansätze«, um deutsche Interessen durchzusetzen. Berlin wäre nach SPIEGEL-Informationen auch bereit, einen Taliban-Emissär als Geschäftsträger für die afghanische Botschaft in Berlin zu akzeptieren, wenn es zu regelmäßigen Abschiebeflügen kommt.

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