Bundesrechnungshof kritisiert Ausbau des Kanzleramts

In einem Schreiben an den Haushaltsausschuss des Bundestags monieren die Prüfer des Bundesrechnungshofs, dass sich die Regierung beim Ausbau des Kanzleramts nicht an die Empfehlungen für moderne Büronutzung halte. Die Mitarbeiter könnten verstärkt im Homeoffice arbeiten und ihre Büros teilen. Außerdem sei der Ausbau des Kanzleramts teurer als geplant. Zuerst hat die »Bild«-Zeitung darüber berichtet.

Vor zwei Jahren hatte der Bundesrechnungshof den Bund dazu aufgefordert , Büroflächen einzusparen. Damit sollten unnötige Ausgaben eingespart und das Klima geschont werden. Stattdessen aber begann das Kanzleramt 2023 mit dem Bau eines schon lange geplanten Erweiterungsbaus.

Der Grund: Unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) hatte sich die Zahl der Mitarbeiter im Kanzleramt von 460 auf 750 Personen erhöht, unter Olaf Scholz war sie weiter auf 852 gewachsen. Aktuell arbeiten daher viele Mitarbeiter in angemieteten Büros in der Umgebung. Mit dem Neubau sollen alle wieder an einem Ort arbeiten können. Außerdem werden eine eigene Kita und ein Hubschrauberlandeplatz gebaut.

Um Bürofläche einzusparen, hatte der Bundesrechnungshof in seinem Bericht 2023 »zeitgemäße Vorgaben für eine bedarfsgerechte Büroflächenplanung« gefordert, etwa das Desksharing-Modell. Dabei teilen sich mehrere Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, indem sie abwechselnd aus dem Homeoffice arbeiten und ihren Schreibtisch nach Feierabend räumen.

Das Kanzleramt hatte daraufhin erklärt, wegen seiner Arbeitsweise auf eine hohe Präsenz der Mitarbeiter angewiesen zu sein. Der Bundesrechnungshof will das aber nicht gelten lassen. Mit Datum vom 25. Juli schreibt er: »Die Argumente gegen die Einführung von Desksharing überzeugen nicht.« Insbesondere durch die Nutzung von elektronischen Akten ließe sich das Modell gut umsetzen.

Das Kanzleramt aber bleibt bei seiner Begründung. »Wegen der spezifischen Arbeitsabläufe und Organisationszusammenhänge einer Regierungszentrale sowie der Anforderungen an den Umgang mit Vorgängen mit Geheimhaltungsgrad, kann auf die häufige Präsenz der Beschäftigten nicht verzichtet werden«, sagte eine Regierungssprecherin dem SPIEGEL. Desksharing sei daher auf absehbare Zeit nicht umsetzbar, man sei auf die zusätzlichen Büroplätze angewiesen.

»Überhang von 266 Arbeitsplätzen«

Der Bundesrechnungshof hatte jedoch darüber hinaus kritisiert, dass der Neubau zu groß geplant sei. Derzeit gibt das Bundeskanzleramt 460 Büroplätze her. Mit dem Anbau sollen 590 weitere hinzukommen. Selbst mit geplantem Zuwachs ergebe das, dem Bundesrechnungshof zufolge, »einen Überhang von 266 Büroarbeitsplätzen«.

In seinem Bericht fordert der Rechnungshof daher nun, das Kanzleramt solle die überflüssigen Arbeitsplätze aus dem Anbau an Beschäftigte anderer Geschäftsbereiche vergeben, etwa an Mitarbeiter des Familienministeriums.

Im Kanzleramt lehnt man das jedoch ab. »Das Bundeskanzleramt ist ein Sicherheitsbereich und kann daher keine Arbeitsplätze für andere Behörden zur Verfügung stellen«, sagte die Regierungssprecherin. Aus Gründen des Datenschutzes seien Doppelbelegungen nicht überall möglich. Außerdem brauche man freie Büroräume, um kurzfristig auf besondere Anforderungen, wie Krisenstäbe, reagieren zu können.

Schon in der Vorgängerregierung hatte der geplante Ausbau für Ärger gesorgt. Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte als Sparmaßnahme den Bau stoppen wollen. Einen Neubau hatte er »in Zeiten von mehr Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten« als entbehrlich bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt aber waren bereits Leistungen erbracht worden, weshalb der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) gegen einen Stopp war. Stattdessen verzichtete Lindner damals auf den Ausbau des Finanzministeriums in der Berliner Wilhelmstraße.

Mittlerweile werden für das Projekt Gesamtkosten von 777 Millionen Euro prognostiziert. »Dies wären 140 Mio. Euro mehr als im Bundeshaushalt dafür vorgesehen«, schreibt der Bundesrechnungshof. Das Kanzleramt begründet das hauptsächlich mit den gestiegenen Baupreisen.

»Die Erweiterung des Kanzleramts kostet ein Viertel dessen, was der Bund jährlich für den sozialen Wohnungsbau ausgibt«, kritisiert Caren Lay, die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, gegenüber dem SPIEGEL. »Das Geld wäre im Bau von 7000 Sozialwohnungen besser angelegt.«

Anmerkung der Redaktion: An einer Stelle wurde irrtümlich der Bundesgerichtshof genannt, es musste aber auch dort Bundesrechnungshof heißen. Wir haben die Passage korrigiert.

Bundesrechnungshof in Bonn: Zu groß geplant

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Linken-Politikerin Lay: »Besser angelegt«

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