Netanjahu verliert Mehrheit im Parlament
Die israelische Regierung steht fortan ohne eigene Mehrheit im Parlament da. Auch eine zweite ultraorthodoxe Partei verlässt die Koalition unter Netanjahu im Streit über den Wehrdienst. Doch einen Sturz des Ministerpräsidenten streben die Ausgeschiedenen offenbar nicht an.
Die ultraorthodoxe Partei Schas will nach Berichten mehrerer israelischer Medien die Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlassen. Damit hätte der Regierungschef keine Mehrheit mehr im Parlament.
Schas sagte, dass sie nicht daran arbeiten würde, die Koalition zu untergraben, wenn sie einmal außerhalb der Koalition sei und bei einigen Gesetzen zustimmen könnte. Sie strebt nach eigenen Angaben auch keine Neuwahlen an.
Die Ankündigung der Partei kommt auch kurz vor der Sommerpause der Legislative, sodass Netanjahu mehrere Monate mit wenig bis gar keiner gesetzgeberischen Tätigkeit zur Verfügung stehen, um womöglich wieder eine Einigung mit den Parteien zu erreichen.
Am Dienstag hatte bereits die ebenfalls ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Tora-Judentum UTJ ihren Austritt aus der Regierungskoalition erklärt. Grund sei, dass ein Gesetzentwurf zur Befreiung von Tora-Studenten vom Militärdienst nicht angenommen wurde, hatte UTJ erklärt. Durch den Austritt von UTJ war die Mehrheit der Koalition auf 61 der 120 Sitze in der Knesset geschrumpft. Mit dem Wegfall der Schas-Abgeordneten würde Netanjahu nur noch einer Minderheitsregierung vorstehen.
Oppositionschef Jair Lapid fordert die Regierung auf, die Konsequenzen zu ziehen. Er sprach von einer "illegitimen Regierung". "Eine Minderheitsregierung kann keine Soldaten in die Schlacht schicken. Eine Minderheitsregierung kann nicht entscheiden, wer leben und wer sterben wird. Eine Minderheitsregierung kann nicht über das Schicksal des Gazastreifens entscheiden, keine Vereinbarungen mit Syrien oder Saudi-Arabien treffen. Sie kann nicht weiterhin Milliarden an die Korrupten und die Wehrdienstverweigerer auf Kosten der Steuerzahler überweisen", so Lapid.