Washington und Kiew schließen "historisches" Wirtschaftsabkommen
Nach zähen Verhandlungen machen Washington und Kiew ihren Rohstoffvertrag fix. US-Finanzminister Bessent spricht von einem "historischen" Wirtschaftsabkommen, das auch ein Signal an den Kreml sei. Im Gegenzug für Investitionen erhalten die USA den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen.
Die USA und die Ukraine haben sich nach langem Ringen auf die Einrichtung eines Wiederaufbaufonds für das von Russland angegriffene Land geeinigt. Ein entsprechendes Wirtschaftsabkommen wurde von den Regierungen beider Länder bestätigt. US-Finanzminister Scott Bessent sprach von einem "historischen" Wirtschaftsabkommen. Er freue sich, die Unterzeichnung bekannt zu geben, sagte Bessent in einer Videobotschaft. Das Abkommen, das den USA im Gegenzug für Investitionen den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen wie Seltenen Erden sichern soll, war wochenlang verhandelt worden.
In einer Erklärung des US-Finanzministeriums hieß es, die Wirtschaftspartnerschaft sei eine Anerkennung für die "große finanzielle und materielle Unterstützung des amerikanischen Volks" an die Ukraine". Bessent sagte, das Abkommen zeige die Verpflichtung beider Seiten zu einem dauerhaften Frieden und Wohlstand in der Ukraine. Die Vereinbarung sei ein zugleich klares Signal an die russische Führung, dass sich die Regierung von US-Präsident Donald Trump langfristig für einen Friedensprozess einsetze, in dessen Mittelpunkt "eine freie, souveräne und prosperierende Ukraine" stehe, teilte Bessent weiter mit.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Swyrjdenko, bestätigte, sie habe eine Vereinbarung mit den USA über einen Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine unterzeichnet. "Gemeinsam mit den Vereinigten Staaten schaffen wir den Fonds, der globale Investitionen in unser Land bringen wird", teilte Swyrjdenko auf X mit. Die Vereinbarung werde es beiden Ländern ermöglichen, ihr wirtschaftliches Potenzial durch gleichberechtigte Zusammenarbeit und Investitionen zu vergrößern. "Die USA werden sich an dem Fonds beteiligen. Zusätzlich zu den direkten finanziellen Beiträgen könnten sie auch neue Hilfe leisten - zum Beispiel Luftabwehrsysteme für die Ukraine." Die Ukraine behalte die volle Kontrolle über ihre Rohstoffvorkommen.
Kiew wollte Änderungen in letzter Minute
Die USA seien bereit zu unterzeichnen, hatte Bessent zuvor bei einer Kabinettssitzung unter Leitung von Präsident Trump gesagt. Allerdings hätten die Ukrainer noch "Änderungen in letzter Minute" verlangt. "Wir sind sicher, dass sie das überdenken werden", betonte Bessent. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hatte zuvor die Hoffnung auf eine Unterzeichnung binnen 24 Stunden geäußert. Diese könnte nach Angaben aus Kiew in Washington erfolgen, wohin die ukrainische Wirtschaftsministerin Swyrydenko gereist war.
Trump hatte im Gegenzug für die US-Militärhilfen für die Ukraine Zugang zu Seltenen Erden und anderen Rohstoffen des Landes verlangt. Das Abkommen hätte eigentlich schon Ende Februar bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington unterzeichnet werden sollen. Es kam jedoch zu einem Eklat, als Trump und Vizepräsident JD Vance dem ukrainischen Staatschef vor laufenden Kameras Respektlosigkeit und fehlende Dankbarkeit für die Militärhilfen vorwarfen.
Der Text des Abkommens wurde zunächst nicht veröffentlicht. Vorgesehen ist Berichten zufolge aber ein Investitionsfonds zur gemeinsamen Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze, der Mittel zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften soll. Die USA erhalten damit einen privilegierten Zugang zu ukrainischen Ressourcen - darunter Metalle der seltenen Erden, die für Hochtechnologie wichtig sind.
Trump sieht Gewinne als Ausgleich für US-Militärhilfen
US-Präsident Trump hatte die Ukraine bei dem Thema massiv unter Druck gesetzt. Er betrachtete potenzielle Gewinne aus dem Rohstoffabbau als Ausgleich für finanzielle und militärische Unterstützung der USA. Zugleich will er einen möglichst schnellen Friedensschluss mit Russland erreichen.
Das eigentliche Abkommen muss vor Inkrafttreten noch vom ukrainischen Parlament ratifiziert werden. Die Ukraine werde 50 Prozent ihrer Einnahmen aus Lizenzvergaben und Verkaufserlösen für die Rohstoffe in den Fonds einzahlen, erklärte Ministerpräsident Schmyhal vorab. "Die Ukraine behält die Kontrolle über ihre Ressourcen. Das heißt, Bodenschätze, Infrastruktur, Rohstoffe sind nicht Teil oder Voraussetzung des Fonds oder der Vereinbarung", sagte er in Kiew.
Selenskyj hatte das Abkommen im vergangenen Herbst vorgeschlagen, um an Trumps Selbstverständnis als Geschäftsmann zu appellieren und Sicherheitsgarantien der USA zu erhalten. Die Hoffnung auf solche Garantien erfüllte sich nach allem, was bekannt ist, nicht.