Klimawandel könnte Gemüse nährstoffärmer machen
Die Klimakrise wirkt sich offenbar negativ auf die Qualität von Nutzpflanzen aus. Seit 1960 hat der weltweite Ausstoß von Kohlenstoffdioxid fast kontinuierlich zugenommen, im Jahr 2023 erreichte er einen Wert von über 37 Milliarden Tonnen. Die Konzentration von CO₂ in der Atmosphäre ist seit der industriellen Revolution um 50 Prozent gestiegen, durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas sowie das Abholzen von Wäldern. Auch die Oberflächentemperaturen auf der Erde sind gestiegen: Die globale Durchschnittstemperatur lag vergangenes Jahr 1,6 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau Ende des 19. Jahrhunderts, 2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Diese Entwicklungen können dazu führen, dass Nahrungspflanzen weniger Nährstoffe speichern, wie Forscherinnen und Forscher der Liverpool John Moores University herausgefunden haben.
Die meisten Untersuchungen zu den Folgen des Klimawandels auf die Produktion von Lebensmitteln haben sich auf Ernteerträge konzentriert. In der Fotosynthese verwandeln Pflanzen Kohlenstoffdioxid und Wasser mithilfe von Sonnenlicht in Zucker und Sauerstoff. Der Zucker dient als Energiequelle für Wachstum. Studien haben gezeigt, dass erhöhte CO₂-Werte die Fotosynthese von Nutzpflanzen verbessern können, sie nutzen Wasser effizienter, was unter günstigen Bedingungen dazu führen kann, dass der Ertrag steigt.
Aber was bringt eine bessere Ernte, wenn der Nährwert abnimmt?
»Unsere Arbeit befasst sich nicht nur mit der Quantität, sondern auch mit der Qualität dessen, was wir essen«, sagt die Biologin und Umweltwissenschaftlerin Jiata Ugwah Ekele. Ihre Forschung konzentriert sich auf Blattgemüse wie Grünkohl, Rucola und Spinat. Die Pflanzen werden in speziellen Kammern angebaut, in denen der CO₂-Wert und die Temperatur verändert werden können, um bestimmte Klimaszenarien zu simulieren. Während des Wachstums werden fotosynthetische Marker wie die Chlorophyllfluoreszenz gemessen, bei der Ernte erfassen die Wissenschaftler den Ertrag und die Biomasse. Die Nährstoffqualität bestimmen sie, indem sie die Konzentration von Zucker, Proteinen, Phenolen, Flavonoiden, Vitaminen und Antioxidantien messen.
Größer, aber nicht gesünder
Die bisher nur vorläufigen Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass ein erhöhter CO₂-Gehalt in der Atmosphäre dazu beitragen kann, dass die Pflanzen schneller wachsen und größer werden, aber nicht gesünder. »Nach einiger Zeit zeigten die Pflanzen einen Rückgang wichtiger Mineralien wie Kalzium und bestimmter antioxidativer Verbindungen«, erklärt Ekele. Der Prozess verstärkte sich mit steigender Temperatur. »Die Wechselwirkung zwischen CO₂ und Hitzestress hatte komplexe Auswirkungen – die Pflanzen wachsen nicht mehr so groß oder schnell, und die Nährstoffqualität nahm weiter ab.«
Ein höherer CO₂-Gehalt kann zwar die Konzentration von Zucker in den Pflanzen erhöhen, aber auch wichtige Proteine und Mineralien verdünnen. »Dieses veränderte Gleichgewicht könnte zu einer kalorienreicheren, aber nährstoffärmeren Ernährung führen«, sagt Ekele. »Ein erhöhter Zuckergehalt in Nutzpflanzen, insbesondere in Obst und Gemüse, könnte etwa das Risiko von Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes erhöhen.«
Pflanzen mit geringem Nährstoffgehalt können auch zu einem Mangel führen, der das menschliche Immunsystem beeinträchtigt und bestehende Gesundheitsstörungen verschlimmert, vor allem in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. »Es geht nicht nur darum, wie viele Lebensmittel wir anbauen, sondern auch darum, was in diesen Lebensmitteln enthalten ist und wie sie das langfristige Wohlbefinden des Menschen unterstützen«, sagt Ekele.
Von entscheidender Bedeutung sei es, diese Auswirkungen zu verstehen. »Denn wir sind, was wir essen, und Pflanzen bilden die Grundlage unserer Ernährung.« Durch die Untersuchung sei es besser möglich zu prognostizieren, wie der Klimawandel bestimmte Lebensmittel verändern werde.
Obwohl diese Forschung nur die für Großbritannien prognostizierten Klimaveränderungen simuliert, sind die Ergebnisse von weltweiter Bedeutung. »Die Nahrungsmittelsysteme im Globalen Norden werden bereits durch veränderte Wettermuster, unvorhersehbare Wachstumsperioden und häufigere Hitzewellen herausgefordert«, sagt Ekele. »In tropischen und subtropischen Regionen kommen Stressfaktoren wie Dürre, Schädlinge und Bodendegradation dazu.« Und dort würden Millionen von Menschen leben, die für ihre Ernährung und ihr Einkommen direkt von der Landwirtschaft abhängig sind. Ekele erklärt: »Lebensmittel sind mehr als nur Kalorien, sie sind die Grundlage für die menschliche Entwicklung und die Anpassung an den Klimawandel.«
Die Studie soll am Dienstag auf der Konferenz der Society for Experimental Biology in Antwerpen vorgestellt werden.