»Wer wird euch heilen?« – US-Forschende demonstrieren gegen Trump
Tausende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben in den USA gegen die Sparpolitik der Trump-Regierung und ihre Auswirkungen auf die Forschung demonstriert. In Washington, New York und anderen Städten protestierten sie gegen Kürzungen in ihren Forschungsetats, gegen Stellenstreichungen und gegen von der Trump-Regierung geschürte Zweifel an wissenschaftlichen Erkenntnissen . Die Proteste standen unter dem Motto »Stand up for Science« (Steht auf für die Wissenschaft).
Bei der Kundgebung vor dem Lincoln Memorial in Washington hielt eine Nasa-Mitarbeiterin ein Schild hoch mit der Aufschrift »Viel Glück dabei, auf den Mars zu kommen, ohne Wissenschaft«. Sie spielte damit auf die Doppelrolle des Techmilliardärs Elon Musk an, der im Auftrag von US-Präsident Donald Trump massenweise Mitarbeiter von Behörden und Ministerien entlässt und zugleich mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX zum Mars strebt. Auf einem weiteren Schild stand: »Wer wird euch heilen, wenn die Wissenschaftler nicht mehr da sind?«
Andere Demonstrierende betonten angesichts des jüngsten Masernausbruchs und vieler Impfgegner in den USA die Bedeutung von Schutzimpfungen. Mehrere Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Kundgebung in Washington äußerten zudem Angst um ihren Arbeitsplatz.
Demokratischer Senator verurteilt Kürzungen
Ein Mann, der für eine Behörde arbeitet und sich um den Schutz von Fischbeständen kümmert, sagte, in seinem Bereich seien bereits mehrere begabte junge Wissenschaftler gefeuert worden. Auch eine Professorin der angesehenen Johns Hopkins University in Baltimore äußerte sich angesichts der Lage besorgt.
Mehrere Redner, darunter demokratische Senatoren, betonten die Bedeutung der Wissenschaft. Senator Chris Van Hollen etwa verurteilte die Kürzungen: Sie hätten nichts mit Effizienz zu tun, sondern richteten vor allem Schaden an.
Die US-Regierung hat seit dem Amtsantritt Trumps die Arbeit vieler Forschungseinrichtungen deutlich erschwert, unter anderem durch Kürzungen, Entlassungen oder Ankündigungen und Androhungen solcher Maßnahmen. Betroffen sind etwa die nationalen Gesundheitsinstitute NIH und die Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA.
Experten warnen, dass so etwa wichtige Forschung zu Krankheiten gestoppt werde oder Daten für Wettervorhersagen nicht mehr gesammelt werden könnten. Die Forschungseinrichtungen der USA galten bislang in vielen Bereichen als global führend und zogen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt an.
Zustrom nach Deutschland?
Zeitgleich zu den Protesten kündigte die US-Regierung an, der renommierten Columbia-Universität in New York Fördergelder in Millionenhöhe zu streichen. Begründet wurde die Entscheidung mit dem Vorwurf, die Hochschule habe jüdische Studierende nicht ausreichend vor Belästigungen und Bedrohungen auf dem Campus geschützt. Über Monate hinweg hatten propalästinensische Gruppen an US-Hochschulen gegen den Krieg im Gazastreifen protestiert und sich dabei teils antisemitisch geäußert.
US-Forschende sind aber nicht nur besorgt wegen der Kürzungen und Einschüchterungen. Auch die Angst vor Zensur treibt sie um. Auf mehreren Internetseiten der US-Regierung und ihrer Behörden fanden sich bestimmte Informationen zu Themen wie Klimawandel, Naturschutz, Gleichstellung und Gendergerechtigkeit zuletzt nur noch schwer oder teils gar nicht mehr.
Trumps Forschungspolitik könnte der deutschen Wissenschaft einen Zustrom von Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern aus Amerika bescheren. »Die USA sind ein neuer Talentpool für uns«, sagte Patrick Cramer, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), vor Kurzem dem SPIEGEL. Auf die jüngste Ausschreibung für die Leitung von Forschungsgruppen habe die MPG doppelt so viele Bewerbungen aus den USA erhalten wie im Jahr zuvor. So weit wie möglich werde die MPG mit zusätzlichen Mitteln weitere Gruppenleiterstellen schaffen, »um diesen Menschen eine Perspektive zu bieten und zugleich die Max-Planck-Gesellschaft zu stärken«, sagte Cramer.
Proteste am Lincoln Memorial in Washington: »Who will cure you when scientists are gone?« (Wer wird euch heilen, wenn die Wissenschaftler nicht mehr da sind?)
Foto:Thomas Müller / picture alliance / dpa