»Laura hat immer nur von einem Berg geschwärmt, und das ist der Laila Peak«
Der bayerische Bergsportler Thomas Huber war einer der Ersten, die im pakistanischen Gebirge zur Rettung der verunglückten deutschen Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier aufbrachen. Zum Unglückszeitpunkt war er mit einer anderen Gruppe an einem anderen Berg unterwegs. Da er sich in der Gegend gut auskenne, hätten ihn Dahlmeier und ihre Seilpartnerin Marina Krauss vor ihrer Abreise nach Pakistan nach Tipps gefragt, erzählte der 58-Jährige nun dem Bayerischen Rundfunk (BR) : »Wir waren im Vorfeld schon sehr oft in Kontakt, weil sie Erfahrungen brauchten, wie die Berge da ausschauen. Und ich habe ihnen vieles erzählt, auch Möglichkeiten gegeben, welche Berge für sie vielleicht geeignet wären.«
Dahlmeier und Krauss hätten in Pakistan zunächst den Trango Tower in Angriff genommen, so Huber, der nach eigener Aussage während der Reise der beiden Frauen in Kontakt mit ihnen stand. »Ich weiß aber von Laura, dass sie immer nur von einem Berg geschwärmt hat, und das ist der Laila Peak. Das ist ein wunderschöner Berg«, sagte Huber. »Ich bekam auch Nachrichten von Laura, dass sie die beste Zeit hatten am Berg.«
Huber und Dahlmeier waren früher bereits zusammen klettern. Er habe sich »so gefreut für sie«, dass sie nun in Pakistan an ihrem Traumberg gewesen sei. »Alles läuft gut, die Verhältnisse sind gut«, habe er sich gedacht, als er hörte, dass Dahlmeier und Krauss an Camp 1, dem Aufstieg zum Laila Peak, angekommen seien, so der 58-Jährige.
Dahlmeier und Krauss seien »Instinktmädchen«
Die beiden Frauen hätten bei ihrem Aufstiegsversuch zum Gipfel alles richtig gemacht, betonte Huber. Sie seien »Instinktmädchen« gewesen, hätten sich kurz vor dem Gipfel zum Umkehren entschieden, als es »von einem Moment auf den anderen« plötzlich sehr warm geworden sei. »Nicht der Gipfel ist das Ziel, sondern das Leben«, so Huber. Dahlmeier und Krauss hätten gewusst: »Wenn sie jetzt weitergehen, können sie die Risiken nicht mehr kalkulieren.«
Zum Unfallhergang selbst könne er nur sagen, was er von Krauss gehört habe. Demnach habe diese sich zuerst nach unten abgeseilt und an einer einigermaßen geschützten Stelle gewartet, bis Dahlmeier ihr folgte. Plötzlich habe es dann einen Steinschlag gegeben. So etwas passiere unvermittelt, »das kann man nicht einmal erkennen«, so Huber. Es hätten sich wohl »riesige Steine« gelöst, einer davon habe Dahlmeier getroffen.
Krauss habe nach dem Unfall alles richtig gemacht, führte Huber weiter aus. Sie habe versucht, Rufkontakt zur Verunglückten herzustellen – allerdings erfolglos. »Da hat sie gewusst, ich muss sofort die Rettung alarmieren, das ist die einzige Chance, die Laura jetzt noch hat.« An dieser Stelle sei unter anderem er ins Spiel gekommen, so der 58-Jährige. Er habe auf seiner eigenen Klettertour in einem Messenger die Nachricht bekommen: »Laura ist schwer verletzt, vermutlich am Kopf – und ich habe mich dann sofort entschieden, in diese Geschichte mit einzusteigen«. Er habe »sofort angeboten, meinen Rucksack zu packen und zu warten, bis der Helikopter mich vom Basislager abholt.«
»Alle Träume, Ziele werden hinten angestellt und das Überleben Lauras wird zum höchsten und wichtigsten Gipfel«, schrieb Huber auf Instagram in einem Posting zum Gedenken an Dahlmeier über den Moment, als man ihn kontaktiert habe.
Die Rettungsmission für die 31-Jährige brachte jedoch keinen Erfolg mehr. Schon zuvor waren Bergungsversuche aufgrund widriger Wetterbedingungen gescheitert. »Nach einem mehrmaligen Überflug am Laila Peak wussten wir, dass Laura zu ihrem letzten Gipfel aufgestiegen war«, schrieb Huber auf Instagram.
»Wenn sie in die Berge geht, hat sie gestrahlt«
Dahlmeier sei ein »Bergmädel« gewesen, so der 58-Jährige zum BR. »Wenn sie in die Berge geht, hat sie gestrahlt.« Auf Instagram ergänzte er an Dahlmeier gerichtet und zu einem Foto mit einem roten Zelt: »Laura, dein Zelt bleibt jetzt leer, aber deine Energie strahlt in diesen Bergen bis hin zur Ewigkeit.«
Die frühere Biathletin habe »ihren Traum bis zuletzt, zu jeder Sekunde« gelebt. Sie sei »ein Vorbild dafür, dass das Leben ein unfassbares Geschenk ist, das mit Liebe, Leidenschaft und Feuer erfüllt werden soll, alles andere wäre tragisch«, so Huber.
Er werde nun zurück zu seinen Bergpartnern gehen, sagte Huber zum BR. »Ich weiß, es werden viele nicht verstehen, was ich tue, aber Laura, die versteht das.« Man müsse das »akzeptieren, wir sind vielleicht ein bisschen anders gestrickt.« Auf Instagram ergänzte er: »Ich gehe den Weg weiter, den auch Laura gegangen wäre.«
Huber und Krauss gaben dem BR in Pakistan ein Interview
Foto: Manzoor Balti / AFP