Junge Union attackiert Merz für Israel-Waffenstopp scharf
Die Bundesregierung stoppt den Export bestimmter Rüstungsgüter nach Israel. Die Junge Union kritisiert die Entscheidung des Kanzlers scharf. Merz bekommt allerdings auch Rückendeckung. Einigen geht der aktuelle Schritt jedoch nicht weit genug.
Die Junge Union (JU) kritisiert die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz, vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern nach Israel mehr zu genehmigen, die im Gaza-Krieg verwendet werden könnten. "Staatsräson abgehakt?", schreibt die Jugendorganisation auf Instagram. Merz' Entscheidung sei ein "Bruch mit den Grundsätzen der Unionspolitik". In einem zweiten Slide steht: "Israel kritisieren. Und Israel unterstützen! Weil es Partner, Verbündeter und Freund ist. Und bleiben muss."
Auch der Bundesvorsitzende der JU, Johannes Winkel, äußerte sich auf X. "Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen", schreibt Winkel mit Bezug auf eine Äußerung des Bundespräsidenten. Der hatte in einem Interview gesagt, Israel mache "die Drecksarbeit" für die westlichen Verbündeten. Damit bezog er sich allerdings auf Angriffe im Iran, nicht im Gazastreifen.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) sieht die Entscheidung der Bundesregierung, Waffenexporte an Israel wegen des Krieges im Gazastreifen teilweise auszusetzen, ebenfalls kritisch. Wenn diese Entscheidung bestehen bleibe, sei das "ein Punktsieg der Hamas im globalen Propagandakrieg", erklärte die Gesellschaft. Sie warnte auch "vor deutscher Hochnäsigkeit": Denn "wenn Israel sich bei Rüstungslieferungen nach Deutschland revanchieren sollte, sieht es um die Zukunft deutscher Luftsicherheit schlecht bestellt aus." Damit spielt die DIG offenbar auf die Bestellung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3 durch die Bundesregierung an.
Auch der Zentralrat der Juden übt scharfe Kritik am deutschen Exportstopp für bestimmte Rüstungsgüter nach Israel. "Dieser Kurswechsel läuft allen Solidaritätsbekundungen und Versprechen zuwider, die der Bundeskanzler seit seinem Amtsantritt vertreten hat", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster in Berlin. Israel werde täglich von Feinden angegriffen und mit Raketen beschossen. "Israel nun die Möglichkeit zu nehmen, sich gegen solche Bedrohungen zu verteidigen, gefährdet dessen Existenz", fügte Schuster hinzu.
In der Union sorgte die Entscheidung von Merz nach Informationen der "Bild"-Zeitung für Irritationen. Demnach hieß es aus hohen CSU-Kreisen, Vertreter der CDU-Schwesterpartei seien "an dieser Entscheidung nicht beteiligt" gewesen und davon "überrascht" worden.
Forderung nach weiteren Schritten
Doch auch Rückendeckung erhielt Merz aus der Union. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen etwa begrüßte die Entscheidung. "Die Bundesregierung hat auf die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts mit der Bekanntgabe eines vorläufigen Stopps von Rüstungsexporten reagiert, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten. Diese Reaktion ist richtig und durch die jüngsten Entscheidungen der israelischen Regierung leider unausweichlich geworden", sagte Röttgen der "Rheinischen Post"
Von Koalitionspartner SPD kam ebenfalls Unterstützung für den Schritt. "Das ist eine richtige Entscheidung", erklärte Vizekanzler Lars Klingbeil. "Das humanitäre Leid in Gaza ist unerträglich", für die dortige Lage trage die israelische Regierung "eine große Verantwortung". Dem Staat Israel gelte "unsere volle Solidarität", betonte der SPD-Chef. "Aber Falsches muss benannt werden."
Auch die Forderung nach weiteren Sanktionen gegen Israel. "Wir begrüßen, dass der Bundeskanzler unseren Forderungen folgt und einen Stopp von Waffenlieferungen ankündigt", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem Magazin "Stern". Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. "Es müssen noch weitere folgen." Ahmetovic nannte dabei die Ganz- oder Teilaussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. "Zudem dürfen Sanktionen gegen israelische Minister kein Tabu mehr sein", sagte er dem "Stern".
Grünen-Chefin Franziska Brantner forderte die Bundesregierung nach dem Beschluss Israels zur Einnahme der Stadt Gaza ebenfalls zu weitergehenden Schritten auf. "Endlich kommt die Bundesregierung ins Tun und stoppt die Lieferungen von Waffen, die in Gaza eingesetzt werden können. Ich begrüße das sehr, es kann aber nur ein erster Schritt sein." Deutschland dürfte nicht länger konsequentes europäisches Handeln verhindern, sondern müsse sich an die Spitze stellen.
Auch die Linke begrüßt den Exportstopp und führt ihn auf politischen Druck zurück. Zugleich forderte die Linken-Außenpolitikerin Lea Reisner weitere Schritte. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu spreche von Vertreibung, Angriffe auf den Gazastreifen hielten an. "Angesichts dieser Vertreibungspläne und der humanitären Katastrophe muss die Bundesregierung ihrer Verantwortung nachkommen und entschieden handeln: das EU-Assoziierungsabkommen aussetzen, Palästina anerkennen und die Maßnahmen des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs umsetzen", meinte Reisner.