Wie gefährlich wird diese Frau noch für Jens Spahn?

Die Zeugin der Anklage

Über kaum eine andere Frau wird in der Bundespolitik gerade so viel geredet wie über Margaretha Sudhof. Die frühere SPD-Staatssekretärin hatte im Auftrag von Ex-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Maskenbeschaffung in der Coronapandemie untersucht. Ihr Bericht wird seit Wochen diskutiert. Heute spricht die Sonderermittlerin im Haushaltsausschuss des Bundestages zum ersten Mal selbst.

Sudhof befindet sich in einer paradoxen Situation: Einerseits gilt sie als Zeugin der Anklage gegen den früheren Gesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionschef Jens Spahn. Der hatte in der Pandemie 5,6 Milliarden Masken für 5,9 Milliarden Euro angeschafft.

Doch andererseits muss auch Sudhof sich verteidigen, weil ihr Untersuchungsbericht als Frontalangriff auf Spahn verstanden wird. Die Union stellt Sudhof als parteiisch dar. Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken von der CDU distanzierte sich maximal von Sudhofs Bericht. Sicherheitshalber ließ Warken auch gleich noch ein paar Stellen schwärzen, die Spahns Rolle bei der chaotischen Maskenbeschaffung allzu unvorteilhaft erscheinen ließen (Details lesen Sie hier ).

»Man möchte in der aufgeheizten Atmosphäre nicht in Sudhofs Haut stecken«, sagt mein Kollege Jürgen Dahlkamp, der sich in der Maskenaffäre bestens auskennt. »Von der Opposition wird sie vereinnahmt, von der Union aufs Heftigste angegriffen.« Auf dem Spiel stehe Sudhofs Ruf als unabhängige und kompetente Sachverständige.

Aber auch für Spahn wird die Maskenaffäre immer unangenehmer. Die Schlagzeilen in der Sache reißen nicht ab. Und am Donnerstag ist Sudhof dann auch noch in den Gesundheitsausschuss geladen.

  • Mehr Hintergründe: Masken verbrannt, Millionen auch 

Großer Auftritt für Klingbeil

Den ersten großen Streit über den Haushalt hat die Koalition schon hinter sich. Stichwort: Stromsteuer (mehr dazu hier ). Heute bringt Finanzminister Lars Klingbeil seine Planungen für 2025 und darüber hinaus in den Bundestag ein.

Zuletzt lief es nicht gut für ihn, seine Wahl beim SPD-Parteitag war ein Debakel. Klingbeil ist ein Chef auf Bewährung. Den Auftritt heute kann er nutzen, um sich zu profilieren. »Mit Sicherheit wird Klingbeil sich rühmen, die Investitionen aufgestockt zu haben. Schließlich sieht er sich selbst als Investitionsminister«, sagt mein Kollege Christian Reiermann, der seit vielen Jahren über das Bundesfinanzministerium berichtet.

Tatsächlich sind die Summen, die Klingbeil bewegt, gewaltig. Dieses Jahr will er 143 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen – fast dreimal so viel wie die Ampel im vergangenen Jahr. Die Frage ist, ob die Milliarden auch sinnvoll investiert werden. Schließlich kann Klingbeil das Geld nur zur Verfügung stellen, ausgeben müssen es seine Kabinettskollegen. Zudem bleiben Jahr für Jahr etliche Milliarden übrig, weil Genehmigungsverfahren zu lange dauern oder sich keine Firmen finden, die die Aufträge übernehmen können.

Trotzdem ist Klingbeils erster Haushalt noch eine eher leichte Übung, berichtet Christian. Die Koalition hat sich durch die Lockerung der Schuldenbremse und das Infrastruktur-Sondervermögen viel Luft verschafft. Richtig haarig wird es erst zwischen 2027 und 2029. Dann klaffen Löcher im Umfang von insgesamt 144 Milliarden Euro. »Klingbeil hat noch keine Ahnung, wie er die schließen soll«, sagt Christian.

  • Eine Analyse zu Klingbeils Herausforderungen lesen Sie hier: König der Miesen 

Netanyahu zu Besuch im Weißen Haus

Es war womöglich die wichtigste Begegnung dieser Woche: das Zusammentreffen zwischen Benjamin Netanyahu und US-Präsident Donald Trump. Bereits das dritte Mal seit Trumps zweiter Amtseinführung war der israelische Premier zu Gast im Weißen Haus.

Das Verhältnis der beiden Männer ist kompliziert. Israels Regierungschef hatte die Nahostpolitik des US-Präsidenten in dessen erster Amtszeit maßgeblich geprägt: Netanyahu trieb Trump unter anderem dazu, aus dem Atomabkommen mit Iran auszusteigen. Nach seinem erneuten Amtsantritt im Januar zwang Trump die israelische Regierung zunächst zu einer Waffenruhe mit der Hamas. Diese scheiterte Anfang März.

»Entscheidend aber war, dass der US-Präsident im Juni die iranischen Atomanlagen bombardieren ließ und somit Israels Operation ›Rising Lion‹ zu einem Abschluss brachte«, sagt mein Kollege Thore Schröder, der Korrespondent in Tel Aviv ist (seinen aktuellen Bericht lesen Sie hier ).

Nun steht Netanyahu in Trumps Schuld. Bei seinem Besuch im Weißen Haus schmeichelte er dem Gastgeber dann auch ausgiebig. »Er schmiedet gerade, während wir hier sprechen, Frieden, in einem Land, einer Region nach der anderen«, sagte Netanyahu bei einem gemeinsamen Abendessen über den US-Präsidenten. Daher habe er Trump für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Ein Schreiben, das er eigenen Angaben zufolge an das Nobelpreiskomitee geschickt hat, überreichte er Trump gleich mit.

Von der erhofften Waffenruhe in Gaza war allerdings zunächst kaum die Rede. Stattdessen habe man, so Netanyahu, über eine mögliche Umsiedlung von Palästinensern gesprochen. »Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben. Aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können«, so der israelische Premier. Eine zwangsweise Umsiedlung allerdings würde gegen das Völkerrecht verstoßen.

  • Mehr Hintergründe: Was Trump und Netanyahu bei ihrem Treffen besprochen haben

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Gewinnerin des Tages…

…ist die Nationalspielerin Carlotta Wamser. Die Fußballerin wird heute Abend in Basel im EM-Vorrundenspiel gegen Dänemark auflaufen. Der Grund: die Knieverletzung von Kapitänin Giulia Gwinn. Wamser, genannt »Calle«, soll sie ersetzen.

Für die 21-Jährige, die demnächst von Frankfurt nach Leverkusen wechselt, ist es eine große Chance. Bislang war sie weitgehend unbekannt. Wamser selbst hatte nicht damit gerechnet, überhaupt bei der EM in der Schweiz dabei zu sein. Doch nach Gwinns Ausfall beim Auftaktspiel gegen Polen kam Wamser zur zweiten Halbzeit auf den Platz – und hatte einen überzeugenden Auftritt. Wamser sei ein »unfassbares Energiebündel«, sagt ihre Mannschaftskollegin Laura Freigang.

Jetzt sind die Erwartungen hoch, Wamser muss die Nerven behalten. Um 18 Uhr sehen Sie in der ARD, wie sich die 21-Jährige schlägt.

  • Mehr zur Verletzung der Kapitänin: EM-Aus, aber Glück im Unglück für Gwinn

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Trump wirft Brasiliens Justiz »Hexenjagd« auf Ex-Präsident Bolsonaro vor: Brasiliens hart rechter Ex-Staatschef muss sich wegen eines mutmaßlichen Putschversuchs verantworten. Jair Bolsonaro streitet jede Schuld ab – und bekommt Beistand aus Washington.

  • FC Bayern meldet erfolgreiche Operation bei Musiala: Gebrochenes Wadenbein und ausgerenktes Sprunggelenk: So lautete die Diagnose für Jamal Musiala nach seiner Verletzung bei der Klub-WM in den USA. Der Offensivspieler des FC Bayern München wurde inzwischen operiert.

  • Bergunfälle in den Alpen – drei Tote: Schlechte Sicht wurde einer Wandergruppe in Österreich zum Verhängnis. Ein 58-Jähriger und einer seiner Söhne stürzten in die Tiefe. In Bayern rutschte ein Mann beim Abstieg zum Königssee ab und erlag seinen Verletzungen.

Heute bei SPIEGEL Extra: Das SPIEGEL-Work-out für Schwangere

Während der Schwangerschaft muss der weibliche Körper viel leisten. Mit dem richtigen Krafttraining können Frauen Belastungen besser meistern und Beschwerden vorbeugen. Fünf Übungen für den Alltag. 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre
Maria Fiedler, stellvertretende Leiterin des SPIEGEL-Hauptstadtbüros

Sudhof 2020: Angegriffen und vereinnahmt

Foto: Janine Schmitz / photothek.net / photothek / IMAGO

Finanzminister Lars Klingbeil: Chef auf Bewährung

Foto: Filip Singer / EPA

Abendessen im Weißen Haus mit der Delegation aus Israel: Schwieriges Verhältnis

Foto: Alexander Drago / EPA

Nationalspielerin Wamser: »Energiebündel«

Foto: Sebastian Gollnow / dpa
Foto:

Jenny Bewer / DER SPIEGEL

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