Deutsche EU-Abgeordnete drängen auf Stimmentzug für Ungarn
Die EU-Abgeordneten Daniel Freund (Grüne) und Moritz Körner (FDP) drängen Außenminister Johann Wadephul (CDU) dazu, sich für die Aussetzung von Ungarns Stimmrecht in der Sanktionspolitik einzusetzen. In Brüssel stehen unter anderem Beschlüsse darüber an, das Einfrieren russischer Vermögen zu verlängern. Ebenso ist ein umfangreiches 18. Sanktionspaket geplant. Die nötige Einstimmigkeit könnte wegen der Kreml-freundlichen Regierung in Budapest nicht erreicht werden.
»Seit Jahren beobachten wir den systematischen Abbau von Rechtsstaatlichkeit, die Aushöhlung demokratischer Institutionen und den Aufbau eines korrupten Machtapparats«, schreiben die Abgeordneten in einem Brief an den Außenminister, der dem SPIEGEL vorliegt. Körner und Freund verweisen auf den Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung, wonach »bestehende Schutzinstrumente« bis hin zum Entzug von »Stimmrechten im Rat der EU deutlich konsequenter« angewendet werden sollen.
Verletzung für die Rechtsstaatlichkeit
Bereits 2018 hatte das Europäische Parlament ein Verfahren nach Artikel 7 gegen Ungarn eingeleitet, doch es kommt seither kaum voran. Eine Sitzung im Ministerrat dazu findet am 27. Mai statt. Der Europäische Rat müsste einstimmig – mit Ausnahme Ungarns selbst – für die Feststellung stimmen, dass in Ungarn eine »schwerwiegende und anhaltende Verletzung für die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und die Grundrechte besteht«.
Ein solcher Beschluss galt bisher als unwahrscheinlich, auch aufgrund der Regierungen etwa in der Slowakei oder Italien, die wohl befürchten könnten, ein solches Votum könnte sich eines Tages auch gegen sie richten. Das könnte sich jetzt womöglich ändern.
Das Außenministerium solle sich mit »gleichgesinnten Mitgliedstaaten für eine Feststellung schwerwiegender und anhaltender Verstöße« Ungarns einsetzen, heißt es in dem Schreiben der Abgeordneten. In einem anderen Brief hatte eine Gruppe Abgeordneter bereits die EU-Kommission aufgefordert, Ungarn sämtliche Gelder aus den EU-Töpfen zu streichen.
Am Dienstag hatte die EU ein 17. Sanktionspaket beschlossen – mit Zustimmung Ungarns. Jedoch ist bereits ein weiteres 18. Paket in Planung, das noch mal deutlich schärfer sein soll. Selbst Sekundärsanktionen werden nicht ausgeschlossen, wie ein Vertreter der Bundesregierung dem SPIEGEL sagte. Das würde etwa Banken in China betreffen, die weiterhin Geschäfte mit Russland machen.
Die EU will den Druck auf die russische Regierung erhöhen, um sie zu ernsthaften Friedensgesprächen mit der Ukraine und einem Waffenstillstand zu bewegen. Zuletzt gab es Hoffnung, auch die USA könnten sich daran beteiligen. So gab es eine Annäherung zwischen Brüssel und Washington, neue Gesprächskanäle – so werden etwa Fortschritte beim Zollkonflikt gemacht .
Jedoch kommen zu möglichen Sanktionen fast täglich unterschiedliche Signale aus der US-Regierung . Während US-Präsident Donald Trump am Montag davon sprach, mögliche Sanktionen würden die Gespräche gefährden, schloss US-Außenminister Marco Rubio am Tag darauf weitere Sanktionen nicht aus. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, so heißt es in Brüssel, würde seine Haltung zu umfangreichen Sanktionen wohl stark von der Haltung Trumps abhängig machen.